Fast abgeschlossene Schulhauserweiterung 1973. Das Luftbild vom 28. Juni 1973 zeigt aber, daß noch die Außenanlage zum Sportplatz fehlt. Quelle: Archiv Markt Velden

Velden heute (1973)

von Josef Kerscher, 1. Bürgermeister

Für den Leser dieser Festschrift sind sicher die Aufsätze über das alte Velden am interessantesten. Die letzten 25 Jahre haben die meisten ja noch in Erinnerung oder werden bei gelegentlichen Zusammenhängen in Erinnerung gerufen. Dennoch sollen aber auch diese Jahre nicht unerwähnt bleiben. Es ist aber nicht leicht, die Ereignisse in unserem Markt nach 1945 aufzuzählen, da es darüber keine Chronik und keine Aufzeichnungen gibt, die dafür verwendet werden könnten. Lediglich die Beschlußbücher des Marktgemeinderates geben über Besonderheiten Auskunft und das oft nur spärlich. So kann dieser Beitrag keine lückenlose Berichterstattung über das Velden nach 1945 sein.

In baulicher Hinsicht überstand der Markt den 2. Weltkrieg verhältnismäßig gut. Lediglich die alte Vilsbrücke wurde kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner gesprengt. Dabei wurden auch die Wohnhäuser Bogner und Krieger zerstört. Andere Häuser wurden beschädigt. Von der Besatzungsmacht wurde der Kaufmann Gabriel Fruhmann als Bürgermeister eingesetzt. Vom damaligen Marktgemeinderat wurde er am 31. Januar 1946 einstimmig wiedergewählt.

Interessant ist, daß bei dieser Bürgermeisterwahl als 3. Bürgermeister Herr Josef Oberhofer, der bisherige Bürgermeister der “aufgelösten und nach Velden eingegliederten Gemeinde Babing” gewählt wurde. Schon zum 1. Januar 1946 wurde also eine “Gebietsreform” vorgenommen. Gegen den Willen des Marktgemeinderates, wie es im Protokollbuch nachzulesen ist, wurde von der Regierung zum 1.1.1946 die gesamte Gemeinde Babing und Teile der Gemeinden Ruprechtsberg und Neufraunhofen eingemeindet. Mit Beschluß vom 23.12.1947 bat dann der Marktgemeinderat, ab 1. Januar 1948 die Gemeindegrenzen wiederherzustellen, was auch genehmigt wurde. Als Grund gab der Markt eine Erschwerung und Verteuerung der Verwaltung an. Eine unverständliche Einstellung, wenn man die heutigen Bestrebungen zur Gemeindereform betrachtet.

Eine schwierige Aufgabe für die Gemeinde war seinerzeit die Unterbringung der vielen Flüchtlinge und Vertriebenen, wozu vom Gemeinderat eine Wohnungskomission zu bilden war. Mit der Eingemeindung und den vielen Zuzügen erreichte der Markt im Oktober 1946 eine Einwohnerzahl von 3.970. Der größte Teil der Flüchtlinge konnte aber für längere Zeit nicht seßhaft werden, da nicht genügend Arbeitsmöglichkeiten vorhanden waren.

Voll belegt war für längere Zeit zunächst das Mädchenschulhaus als Flüchtingsaltersheim. Bis Jahresende 1946 waren dort viele alte und kranke Heimatvertriebene untergebracht. Weitere Flüchtlingsaltersheime wurden dann im Hause Mayer-Staudinger und Stohmeier eingerichtet. Zu dieser Zeit registrierte das Standesamt viele Sterbefälle. Um nicht in Grabplatznot zu kommen, wurden mehrere Verstorbene in einem Grab zusammengelegt. Dennoch sah sich der Gemeinderat gezwungen, einen Neben-Friedhof, den später bezeichneten “Flüchtlingsfriedhof”, einzurichten. Von 1949 bis 1966 fanden dort 269 Verstorbene ihre letzte Ruhe. Durch den Schulhauserweiterungsbau wurde dieser Friedhof dann 1970 verlegt.

Im Frühjahr 1947 wurde vom Markt zur Sicherheit von Person und Eigentum ein Nachtwächter eingestellt, der täglich von 11 Uhr nachts bis 4 Uhr früh seinen Dienst auszuüben hatte. Die gemeindliche Nachtwache wurde zum 1. August 1956 wieder aufgelöst, nachdem auch bei größeren Nachbarorten schon lange keine Nachtwache mehr bestand und die Handhabe der örtlichen Sicherheit als Aufgabe der Landespolizeistation angesehen wurde.

Ebenfalls 1947 beschloß man die Anschaffung eines Feuerwehrkraftfahrzeues, dem LF 16, das erst in diesem Jahr durch die Beschaffung eines neuen Gruppenfahrzeuges stillgelegt wurde. Über 25 Jahre war somit dieses Fahrzeug im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr und damit das älteste einsatzbereite Feuerwehrfahrzeug in Niederbayern.

Am 26. Juli 1947 legte der 1. Bürgermeister Gabriel Fruhmann aus Gesundheitsgründen sein Amt nieder. Einstimmig wurde ihm als Dank und Anerkennung für seine vielen und einmaligen Verdienste um seinen Heimatmarkt das Ehrenbürgerrecht und der Titel “Ehrenbürgermeister” verliehen. Zu seinem Nachfolger wurde vom Marktgemeinderat der bisherige 2. Bürgermeister Georg Schmittner gewählt. Am 10. Juli 1948 verstarb Ehrenbürgermeister Fruhmann. Zur Ortsverschönerung trug der Marktgemeinderat mit seinem Beschluß vom Mai 1948 bei, die baufällige Straßenmauer gegenüber dem Postamt mit Bruchsteinen errichten zu lassen.

Zum Schuljahresbeginn 1948/49 wurde in Velden die Berufsschule eingeführt. Die Gemeinde mußte für die anfallenden Kosten aufkommen.

Wie vielen noch bekannt ist, hatte Velden bis 1945 an der Schöllamühle eine eigene Freibadeanstalt. Von Angehörigen der UNRRA wurden 1946 die Kabinen und der Kiosk als Brennholz verwendet. Im Juli 1949 beriet deshalb der Marktgemeinderat, wieweit diese Badeanstalt wieder instandgesetzt werden könnte. Da noch ungewiß war, ob und inwieweit das Flußbett bei der Badeanstalt bestehen bleibt, entschied man sich, nur auf das Allernotwendigste die Instandsetzung zu beschränken. Dies war die Erstellung einer Holzstiege zur Vils.

Vom Straßenbauamt wurde der Markt im Juli 1949 in Kenntnis gesetzt, daß die zuletzt im Jahre 1937 geteerten Straßen neu geteert werden sollten, was man mit Befriedigung zur Kenntnis nahm. In diesem Zusammenhang beschloß der Marktgemeinderat, den Marktplatz und die wichtigsten Gemeindestraßen auf Gemeindekosten mitteeren zu lassen.

Das Flüchtlingsamt in Vilsbiburg teilte am 14.7.1949 der Gemeinde mit, daß es sich bemühe, die von ihr belegten Gasthäuser in Velden zu räumen. Voraussetzung wäre jedoch, Bauplätze zur Verfügung zu stellen Man mußte jedoch mit Bedauern feststellen, daß die Gemeinde über derart entsprechende Bauplätze nicht verfügt und ihr auch eine anderweitige Beschaffung nicht möglich ist. Das Bauplatzproblem konnte noch viele Jahre nicht gelöst werden. Zwar konnte die Gemeinde im April 1950 vier Baugrundstücke am Krankenhaus zur Verfügung stellen, die Zahl der Bewerber war jedoch weit größer. Bescheiden gegen die heutigen Baulandpreise war der damalige Verkaufspreis. 30,-- DM kostete das Dezimal Baugrund.

Mit der Einstellung der Schulspeisung befaßte sich der Marktgemeinderat in seiner Sitzung am 21.9.1950. Nach einer Erhebung in den einzelnen Klassen kam man zu dem Ergebnis, daß für die Schulspeisung wenig Interesse und zu deren Fortführung kein Bedürfnis mehr besteht.

Im April 1951 beschloß man, das durch die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse heruntergekommene Kriegerdenkmal beim Rathaus auf Gemeindekosten in würdiger Form und architektonischer Fassung überholen zu lassen und dabei die Namen der Kriegsopfer der beiden Weltkriege anzubringen.

Die ersten größeren Kanalisierungsarbeiten nach dem Kriege wurden im November 1951 vergeben. Die damals miterstellte Kläranlage galt bereits ein Jahr später als technisch überholt.

Am 3. Mai 1952 verschied in Folge eines erlittenen Verkehrsunfalles der amtierende 1. Bürgermeister Georg Schmittner. Zum 2. Bürgermeister wurde am selben Tag Herr Diplomkaufmann Josef Maurer gewählt.

Am 1. Juli 1952 fand die erste Gemeinderatssitzung unter dem Vorsitz des neugewählten 1. Bürgermeisters Josef Böckl statt, der sodann 14 Jahre dieses Amt bekleidete.

Um die Wohnungsnot im Markt etwas zu lindern, wurde 1952 eine Wohnbaracke gekauft, die bis 1968 bewohnt war.

An die künftige gemeindliche Sommerbadeanstalt dachte man beim Kauf der Grundstücke von Frau Therese Hinterseer im Oktober 1952 in Velden-Viehweide. Ein Wunschtraum, den der Markt noch heute träumt. Die Grundstücke wurden dann später als Volksfestplatz verwendet.

Für Zwecke des sozialen Wohnungsbaues wurde zum 1.1.1954 der Notgroschen eingeführt. Erst 1968 wurde dieser Beschluß wieder aufgehoben.

Vorläufige Planentwürfe des Architekten Josef Rampl für die Errichtung einer landw. Berufsschule und der damit verbundenen Schulhauserweiterung konnte der Bürgermeister im Juni 1954 dem Gemeinderat vorlegen. Die Grundsteinlegung wurde im April 1955 vorgenommen, die feierliche Einweihung fand am 4. Dezember 1955 statt.

Den Auftrag an die OBAG, im Marktbereich eine neue Straßenbeleuchtung mit Leuchtstoffröhre zu erstellen, vergab der Marktgemeinderat im September 1954.

Im September 1955 konnte der Markt im Baugebiet am Doppel die ersten Baugrundstücke veräußern. Das Dezimal Bauland kostete damals 100,-- Mark, einschließlich der Erschließungskosten. Der Markt selbst entschloß sich im September 1956, dort ein gemeindliches 5-Familien-Wohnhaus zu errichten.

In einer Trauersitzung am 30.10.1956 gedachte der Marktgemeinderat des verstorbenen 2. Bürgermeisters Josef Maurer, der von 1937 bis 1942 amtierender 1. Bürgermeister war. Zu seinem Nachfolgder wurde der Fuhrunternehmer Josef Galler gewählt.

Sein 1. Volksfest veranstaltete der Markt Velden in der Zeit vom 29. Mai bis 2. Juni 1957. Festwirt war Andreas Hingerl. Verbunden war damit das 100jährige Gründungsfest des Krieger- und Veteranenvereins Velden.

Zu seinem 70. Geburtstag verlieh der Marktgemeinderat am 22.9.1959 Herrn Geistl. Rat und Dekan Johann Ev. Maier das Ehrenbürgerrecht und dankte ihm für sein segensreiches Wirken seit 1938.

Von 1960 bis 1962 wurde vom Landkreis das Kreiskrankenhaus Velden großzügig erweitert.

Erstmals konnte der Markt im Februar 1962 von Herrn Georg Ehrenthaler ein größeres Baugelände erwerben. Hierauf entstand von 1966 bis 1969 die Siedlung am Kreiskrankenhaus. Die Bebauungspläne “Am Kreiskrankenhaus” und “Am Kupferberg” wurden im Oktober 1962 aufgestellt.

Die Planung für das Feuerwehrgerätehaus, das 1965-1967 erbaut wurde, hat der Markt im August 1963 vergeben. Im November 1964 wurde für die Feuerwehr von den Magiruswerken ein neues Tanklöschfahrzeug TLF 16 bestellt.

12.000 qm Ortsstraßen wurden im Juli 1965 zur Staubfreimachung in Auftrag gegeben.

Im Januar 1966 mußte die öffentliche Gemeindewaage geschlossen werden, da kein Waagmeister mehr zur Verfügung stand.

Unter dem Vorsitz des neugewählten Bürgermeisters Johann Reiter trat am 4. Mai 1966 der neue Marktgemeinderat zusammen. Zum 2. Bürgermeister wurde Herr Apotheker Wilfried Stock gewählt.

Am 1. Juli 1966 wurden durch einen Gemeinderatsbeschluß die Verhandlungen für den Neubau einer Mittelpunktschule in Velden eingeleitet. Bereits im Dezember 1966 erläuterte Architekt Hofmeister den beabsichtigten Schulhausneubau im Rahmen der einzelnen Bauabschnitte. Die ersten Bauaufträge wurden im April 1968 erteilt.

18 Firmen bewarben sic him Januar 1967 um den 1. Bauabschnitt beim Kanalbau in Velden. Der zweite Bauabschnitt wurde im Dezember 1967 vergeben. Mit einer Bausumme von über 1 Million wurde damit der Markt neu kanalisiert.

Im August 1968 konnte das evang.-luth. Pfarramt Vilsbiburg den Bauplan für die Erbauung eines Gemeindehauses mit Glockenturm vorlegen. Damit ging der langgehegte Wunsch der evangelischen Gemeinde in Erfüllung.

Von ersten Verhandlungen mit Industriebetrieben zu deren Ansiedlung in Velden hörte man im August 1968. Im März 1969 konnte der Markt für den Betrieb Bachmaier ein Grundstück vermitteln. Als weiterer Betrieb konnte im Herbst 1969 die Firma Giesenhagen KG gewonnen werden.

Am 1. Juni 1970 beschloß der Marktgemeinderat die Einführung der Straßenbezeichnung in Velden. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es amtlich für den Ort nur eine Hausnummernbezeichnung.

Trotz Erweiterung der Siedlung an der Buchbacherstraße wurde die Liste der Bauwilligen größer als das bereits mögliche Angebot des Marktes an Siedlungsgrund. Der Marktgemeinderat entschloß sich darum, eine noch großzügigere Planung an der Peripherie des Marktes in Auftrag zu geben. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes für dieses Baugebiet “Velden-Süd” wurde im November 1970 Herrn Prof. Georg Brenninger übertragen. Von dortigen Grundstücksbesitzern erwarb der Markt 1970/71 rund 30 Tagwerk Bauland.

Besonders hervorzuheben ist hier Herr Georg Ehrenthaler, der für alle bisherigen Baugebiete in Velden den größten Teil der benötigten Grundstücksflächen zur Verfügung stellte. In Anerkennung seiner Verdienste bei der Beschaffung von Wohngebieten sprach ihm deshalb der Marktgemeinderat im April 1971 seinen besonderen Dank aus und verlieh ihm das Ehrenbürgerrecht.

Eine nicht leichte Entscheidung hatte der Marktgemeinderat im Juli 1971 zu treffen, als Bürgermeister Reiter aus gesundheitlichen, beruflichen und familiären Gründen Antrag auf Entlassung stellte. Gerade ihm war ja die Initiative für die in den letzten Jahren realisierten Maßnahmen einer gesunden Aufwärtsentwicklung des Marktes zu verdanken. Sein Entschluß wurde allgemein bedauert. Man versprach, die Arbeit in seinem Sinne fortzuführen.

In diesem Sinne lag sicher die darauffolgende Ausdehnung des bisherigen Industriebetriebes mit Ansiedlung der Firma plast-metall. Als weiterer Betrieb konnte 1972 noch die Fa. Steinbeißer, Lüftungs- und Apparatebau GmbH, gewonnen werden.

Ein erster Schritt in den bevorstehenden Gemeindereformen vollzog sich zum 1. Januar 1972, als die Nachbargemeinde Babing sich freiwillig dem Markt Velden eingegliedert.

Am letzten Tag seiner Amtsperiode erlebte der alte Marktgemeinderat am 30. Juni 1972 noch die Einweihung eines neuen Schulhaustraktes und der neuen Schulturnhalle.

Der neue Marktgemeinderat, dessen Amtszeit am 1. Juli 1972 begann, setzt nun die Arbeit fort, um Velden zu einem gesunden und attraktiven Zentrum zu entwickeln. Eine der schwersten Aufgabeen in dieser Wahlperiode dürfte der bevorstehende Bau einer neuen Kläranlage sein.

Wenn man nun das Geschehen in unserem Markte zusammenfaßt, so zeigt sich als Ziel der Kommunalpolitik des Marktes der offensichtlichen Abwanderungstendenz der Bevölkerung entgegenzuwirken und nach einer Stufe der Konsolidierung einen wirtschaftlichen Aufschwung im Rahmen der Möglichkeiten anzusteuern. Wenn heute Velden attractive Wohngebiete aufweisen kann, so war dazu erst notwendig, das Angebot an Arbeitsplätzen breiter zu machen und die Infrastruktur des Marktes zu verbessern.

Nicht allen Gemeinden unseres vor allem landwirtschaftlich ausgerichteten Gebietes ist es gelungen, aus dem Dornröschenschlaf aufzuwachen. Das Versäumte nachzuholen ist zwar heute um so schwieriger und stellt an die Finanzkraft des Marktes hohe Anforderungen. Verantwortungsbewußten Kommunalpolitikern ist es jedoch gelungen, den “Zug der Zeit”, der bereits abgefahren war, im Eilschritt noch zu erreichen. Der Markt Velden hat also den Zug in die Zukunft nicht verpaßt. Eine Zukunft, die zwar ihre Beschränkungen, gemessen an wirtschaftlichen Zentren und Ballungsgebieten, in Rechnung stellen muß, die aber im Rahmen der Größe und wirtschaftlichen Struktur des Marktes eine erfreuliche Entwicklung bereits erkennen läßt, die man vor Jahren vielleicht noch nicht abzuschätzen vermochte.

Die Aufwärtsentwicklung des Marktes ist auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Gemeindereform recht interessant. So kann als positive Erscheinung hier noch erwähnt werden, daß sich die Gemeinden im Nahbereich Velden mit ihrem Zentrum darüber klar sind, einig sein zu müssen, um in gemeinsamer Zusammenarbeit eine bessere Zukunft für alle zu sichern.

aus: 1200 Jahre Velden, Festschrift, S. 135-141