Erzähl doch mal, wie's früher war
... so lautet der Titel einer Veranstaltungsreihe, die vom Heimatverein Velden und dem Projektmanagement Ortsentwicklung seit April d. J. in der Veldener Güterhalle angeboten wird. Ziel der Veranstaltungen ist es, durch gemeinsames Erinnern von Zeitzeugen einige Lücken in der Ortschronik zu schließen. Dazu werden im Vorfeld der Veranstaltungen persönliche Gespräche geführt, in Familienalben geschaut und Erinnerungen an bestimmte Zeiten und Situationen geweckt. Aus diesen persönlichen Erinnerungen werden Geschichte, die entweder von den Zeitzeugen selbst oder einem Stellvertreter vorgelesen werden. Ergänzend wird von den Veranstaltern zu bestimmten Themen in unterschiedlichen Quellen recherchiert und die gewonnenen Informationen in einer Präsentation zusammengefasst. Im Anschluss an den „Zuhör-Teil“ wird mit den Teilnehmern über das Thema des Abends diskutiert, was Teilnehmern und Veranstaltern viel Freude bereitet und bislang schon einiges an verschüttetem Wissen zutage gefördert hat.
So wurde in der Auftaktveranstaltung im April durch die Erzählungen von Hermann Rusch über seine Kindheit und Jugend in Velden insbesondere Erinnerungen an die Tage des 2. Weltkrieges und die Nachkriegszeit wach, während man sich in der zweiten Veranstaltung im Juli, angestoßen über die Erinnerungen von Anna Riebesecker mit dem Bankhaus und der Familie Fruhmann beschäftigte. Dankenswerter Weise wurden von Eckard Fruhmann, dem in Parsberg/Oberpfalz lebenden Enkel von German und Maria Fruhmann, wichtige Dokumente und Fotos der Familie zur Verfügung gestellt, die in der Erstellung einer Ahnentafel mündeten.
Im Vorfeld der dritten Veranstaltung im Oktober zum Thema „Veldener Brauereien“ wurde aus Zeitgründen keine persönlichen Gespräche geführt, sondern das Heimatbuch, die Häusertafeln und andere Quellen genutzt. Während im Nachgang über Recherchen in der Festschrift zur 1200-Jahr-Feier die Namen der Veldener Bierbrauer und auch die der Wirte weitgehend lückenlos vorliegen, bleibt unklar, wo genau es die sagenumwobenen unterirdischen Verbindungswege zwischen den Eiskellern gegeben haben könnte.
Bis zum März 2019 machen die Veranstalter eine Aufarbeitungspause, denn alles gewonnene und bereits vorhandene Wissen über die Orts-, Häuser- und Familiengeschichten wird digital aufbereitet und der Öffentlichkeit nach und nach (unter Wahrung des Datenschutzes) auf der Homepage des Marktes Velden bereitgestellt.
Die nächste Veranstaltung, deren Termin rechtzeitig in den Medien bekanntgegeben wird, handelt von der Maschinenfabrik Kulzer. Zeitzeugen, Heimatforscher und andere an der Ortsgeschichte interessierte Personen sind herzlich eingeladen, sich bei Brigitte Wutzer (Tel. 8485) vom Heimatverein oder Heike Arnold (Tel. 9645519) zu melden und persönliche Gesprächstermine zu vereinbaren.
Kindheit und Jugend in Velden -
Erinnerungen des Zeitzeugen Hermann Rusch
Es war der 01.04.1940, als Hermann Rusch sen., im alten Schulhaus zu Velden seinen ersten Schultag erlebte. Die Erinnerungen an die Lehrer Deigendesch und Lackermayer (später verh. Bauer), sind lebhaft – und durchaus positiv. Frau Lackermeyer hatte im Rusch-Haus gewohnt und „war oane von de Guaden“ und der Deigendesch „hod fira jedn Buam an Spitznamen ghobt“. Der autoritäre Rektor Schmid blieb im Gedächtnis, weil dieser „wenna kemma is in d‘Frua isser durch die Bankerl ganga un hod mit seim Stock auf jedn Disch ghaut, dassmas mit d`Angst kriagt hod.“ Ja, das waren andere Zeiten! Zu Beginn des Unterrichts war das Beten obligatorisch. Es gab Fächer wie Lesen, Schreiben und Rechnen oder auch Heimatkunde und Erdkunde. Zu Hermann‘s Lieblingsfächern gehörten das Rechnen und das Schreiben.
Ein typischer Schultag
Auf dem Weg zur Knabenschule in der Friedhofstraße, ging es den steilen „Beckenbauer-Berg“ (heute Georg-Brenninger-Straße) hoch. Schnell huschte man beim Namensgeber der Straße in den Laden und holte sich den geliebten „Waffelbruch“ oder eine frische Brezn. „Des hod ma ois anschreibn lossa, un des hoda jeder damals so gmacht“, erzählt der Hermann. Über Mittag ging es für eine Stunde nach Hause, wo die Mutter mit meist einfachen Speisen schon auf ihn und den Bruder wartete. Es gab Griesbrei, häufig Kartoffeln und die Lieblingsspeis‘ vom Hermann, den Hirsebrei. Von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr gings dann nochmal n den Unterricht. Im Sommer hieß das, die meiste Zeit an oder in der 1904 erbauten Turnhalle in der Jahnstraße zu verbringen. Dort tobte sich der junge Hermann beim Fußball und der Leichtathletik aus. Die Ausstattung der Turnhalle bot neben einem Reck und Ringen auch einen Barren – hatte also insgesamt eine gute Ausstattung. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde auf die sportliche Betätigung von Kindern und Jugendlichen gelegt. Auch das Schwimmbad an der Schöllmühle, das über einen Kiosk und Kabinen zum Umziehen verfügte, gehörte zu den Orten, an denen sich Hermann gerne aufhielt. Im Winter – damals waren diese noch schneereich – fuhr er Ski, entweder am Doppl, meist aber bei der Wasserreserv‘. Hermann erzählt, dass fünf(!) Ski-Fabriken in der unmittelbaren Umgebung Veldens dafür sorgten, dass die Versorgung mit Ski-Ausrüstungen auch während des Zweiten Weltkriegs stets gesichert war.
Erinnerungen an die Nachkriegszeit
1946/47 wurden im Haus Rusch von den Amerikanern Schulspeisungen für unterernährte Kinder durchgeführt. Es gab Rosinen-Weckerl und Kakao – das waren Süßwaren, „die hodma ned kennt“. Der Markt Velden musste ca. 3.000 Flüchtlinge unterbringen. Für Viele diente der Mälzerei-Dachboden der Brauerei Stammler als Schlafplatz. Zur Schule gingen die Buam in der strapazierfähigen Lederhosen, in die man über die Jahre hinweg hineinwuchs. Die Mädchen trugen Röcke und Strümpfe, ein „Beinkleid“ namens Hose gab es damals noch nicht. Meist war man barfuß unterwegs. Die Schulschwestern der Veldener Klosterschule durften übrigens während des Krieges und in der Besatzungszeit nicht arbeiten.
Gute Nahversorgung
Hermann Rusch erzählt, dass es in seinen Kinder- und Jugendtagen ca. 20 (!) Einzelhandelsgeschäfte mit Lebensmitteln und allem andern gab, was man für den Alltag so brauchte. Die Geschäfte lagen meist im Erdgeschoss der Häuser, in denen die Eigentümer auch lebten. Plastikverpackungen wie heute gab es damals noch nicht, man packte frisches Obst in „Stranitzen“ (Papiertüten), die teilweise vom Kramer selbst hergestellt wurden. „Dort, wo jetzt „DIE BLUME“ drin is, do wor amoi die Bäckerei Frank“, weiß Hermann zu berichten. Alle Geschäfte, hatten gut zu tun, die Nachfrage "hod bassd". Seine Frau, die Elfriede fügt hinzu, „mia han fast nia nicht ausse kemma, weild ois kriagt hosd im Markt, wos ma so brauchd hod zum Lebm.“
Hermann Lehr- und Wanderjahre
Im alten Rusch-Haus am Schubert-Eck, das vielen auch als „Zipfe“ bekannt ist, machte Hermann beim Vater seine Lehre als Ofensetzer und Fliesenleger. Zu der Zeit hatte der Vater etwa 5-6 Lehrjungen. Die Ausbildung dauerte drei Jahre und zur Berufsschule musste Hermann nach München, „weil der Beruf scho wos Bessres gwest is“. Zur Kundschaft fuhr er bei mit dem Rad, 10-15 km im Radius, bei Wind und Wetter. Damals ist man „auf d‘Steaganga“, erinnert sich Herrmann, und schmunzelt dabei - warum, verrät er nicht.
Fortsetzung folgt (Verbesserungen an den bairischen Übersetzungen von Muttersprachlern sind herzlich willkommen!)
Biografie des Bischofs und Kardinals Konrad von Preysing
Präsentation am Erzählabend - Zusammenfassung (Heike Arnold)
Recherchen des GR Pfarrer i. R. Gabriel Kreuzer zum Schloss Biedenbach
Geschichtstafel Schloss Biedenbach, ca. 7,3 MB (Heike Arnold; auf Anfrage kann eine höhere Auflösung zur Verfügung gestellt werden)
Geschichtstafel zum Adelsgeschlecht derer von Preysing, 3,49 MB (Heike Arnold; auf Anfrage kann eine höhere Auflösung zur Verfügung gestellt werden)
Geschichtstafel Bischof und Kardinal Konrad von Preysing, 8,7 MB (Heike Arnold; auf Anfrage kann eine höhere Auflösung zur Verfügung gestellt werden)