Die Veldener Bahnhofskapelle

Umgeben von hohen Bäumen und niedrigem Strauchwerk steht neben dem Bahnhofgebäude in Velden die Bahnhofkapelle, wie sie heute allgemein genannt wird. Ältere Leute kennen noch den Namen Scheckhoferkapelle, nach dem früheren Besitzer. Man schenkt ihr heute wenig Aufmerksamkeit und niemand denkt daran, daß gerade diese Bahnhofkapelle vor 190 Jahren Gegenstand eines sehr aufregenden und aufsehenerregenden Er;eignisses und eines sich  über ein Jahr  lang hinziehenden Streites war. Eine Steintafel über dem Eingang nennt in Kürze die wichtigen Jahreszahlen: “Erbaut 1669 von Christoph Weizenheck, Amtskammerer in Velden; Renoviert von Wohltätern 1743, dann 1816 von Georg und Maria Reithmeyer und 1838 von Jakob und Ursula Reithmeyer, Bierbrauerseheleute von Velden. Versetzt, erweitert und neu erbaut 1887 von Georg und Anna Reithmeyer geb. Ecker, Bierbrauer und kgl, Posthalterseheleute in Velden." Die Kapelle stand also nicht immer an diesem Platze, sondern wurde erst 1887 bei den Vorbereitungsarbeiten zum Eisenbahnbau in Velden hierher versetzt.

In einem Akt des Staatsarchivs Landshut aus dem Jahre 1781 ist die frühere Lage der Kapelle so beschrieben: Sie liegt

„vom Markt beiläufig eine halbe Viertelstunde auf dem Gehweg nach Dorfen, im innern Burgfried innerhalb der Vils, unweit der Schöllamühle, auf hiesiger Jurisdiktion".

Genauere Nachforschungen ergaben, daß sie auf der sogenannten “Zellerlohwiese" (Plannummer 387) erbaut und von dort 1887 an den jetzigen Platz versetzt wurde. Die Kapelle stand also gegenüber des Bahnkörpers am Fußweg nach Kleinvelden, diesseits der Vils,

“Anno 1669 hat der ehrvest und wohlfürnehme Herr Johann Kristof Waizenbeck des Innern Raths, Amtskammerer und Weingastgeb allhier zu Ehren der allerseligsten Jungfrauen und Mutter Gottes Maria Hilf diese Kapellen hierher sezen lassen, weillen dessen Sohn ein Pferd bis hieher geschleift hat, und in dieser augenblicklichen Lebensgefahr verlobt ihme der Vater, wo das Pferd seyn Ruhe nehmen würd, will er ein Kapell sezen, und ist der Sohn frisch und gesund davon kommen."

Daß diese Kapelle nicht in der jetzigen Größe erbaut wurde, sagt schon die oben angeführte Tafelinschrift. Sie bestand vielmehr, wie es heißt, “aus einem von Mauersteinen aufgeführten, mit einem Taferl versehenen kleinen Altärl". Um sie vor einem späteren Verfall zu bewahren, wandte sich Weizenbeck an den damaligen Bischof von Freising Albert Sigmund und erhielt auch unterm 16. August 1674 einen Stiftungs- oder Fundationsbrief, der in Abschrift noch erhalten ist und also lautet:

„Von Gottes Gnaden Wür Albrecht Sigmund Bischofe zu Freysing und Regensburg in Ob- und Nieder-Bayern, auch der obern  Pfalz Herzog, Pfalzgraf bey Rhein, Landgrafe zu Lichtenberg- etc geben kraft dies gnädigst zu vernehmen, welchergestalten Johan Kristof Waizenböck des Inern Rath und Gastgeb zu Velden auf seinem eigenen Grund negst des Marckts zu Velden zu Ehren  der  glorwirdigstcn Himmels-Königin St. Maria Hilf ein Kapellel erbaut, uns dahero unterthänigst gebetten, ob wir so verstandenen Kapellenbau vcrncrs gedulden und in seinem esse (=  Gestalt) verbleiben lassen wollen, zu welchem Ende er  fünfzig Gulden inner Jahrsfrist dcrgcstalten baar erlegen wolle, damit sie auf Interesse (= Zinsen) ausgeliehen, und solches konftig von denen Kürch-Bröbsten des wirdig Pfarr-Gotteshauses St. Pctri zu ersagtem Velden ordentlich verrechnet, dahingegen aber kommende Zeiten nach seinem Absterben (den bey Lcbszeiten crs selbsten verpflegen wolle) verstandene Kapelle  erhalten  werden  so l le. Wan wi r nun von unseren Decano rurali (= Landdekan) zu Hofkürchen den untertänigsten Bericht erhalten, daß mehr bedeute Kapelle der Pfarrkürch keine Prejudiz oder Einträchtigkeit causiere. Alß wollen wir hiermit von Ordinariats wegen gnädigst revolviert haben, das zwar viel gesagte Kapellen in ihrem esse verbleiben möge, doch aber das dareinkommende Stockgeld zu halben Thaill dem Pfarr-Gottshaus, für die andere Helfte aber der hl. Rosenkranzbruderschaft zuegehen, und applicicrt, und ein Schlissel dem Pfarrer, der andere denen Kürchbröbstcn zugestölt, wie nicht weniger zu ob vermelt konftiger Conservation (= Erhaltung) von ermeltem Waizenböck die fünfzig Gulden baar ausgezölt und ohne bcsorglichen Verlust auf Interesse (= Zinsen) sicher angelegt, im übrigen aber so lang er lebt von ihme die Kapellen selbst verpflogen und bei baulichen Wirden gehalten werden solle. Dessen zu wahrer Urkund haben wir gegenwärtigen Conzession- und respec. Confirmations-Brief aigenhändig unterzeichnet und unser geistl. Raths Sigil hieran zu hangen befohlen. Freysing den sechßzechenden Augusti im eintausend sechßhundert vier und siebenzigsten Jahre. Albrecht; Sigmund,"

Im Jahre 1743 war sie dem Verfalle nahe und wurde damals von Jakob Gillmayr, Bürger und Bierbrauer von Velden, neu erbaut und vergrößert. Verschiedene Wohltäter ließen hiezu noch einen Bretterverschlag anfügen und darin einige Betstühle anfertigen. Die Kapelle umfaßte damals eine Länge von 8 Schuh (ca. 2,50 m) und eine Breite von 7 Schuh (2,20 m). Das Mauerwerk war 1 Schuh dick.

Die Maria Hilf Kapelle, wie man sie von da ab nannte, erfreute sich einer ständig steigenden Besucherzahl. Man liest sogar von eigenen Wallfahrten zu dieser Kapelle. In der Kapelle war ein Mutter­Gottes-Bild aufgestellt. Und gerade dieses Maria-Hilf -Bildnis war der Anziehungspunkt für so viele Besucher und Wallfahrer. Vom Jahre der Erbauung 1669 bis 1718 wurde das Geld, das bei dieser Kapelle in den Opferstock gelegt wurde, wohl wegen der Geringfügigkeit von der Rosenkranzbruderschaft allein verwendet. Nach dem Stiftungsbrief allerdings sollten sich die Pfarrkirche und die Rosenkranzbruderschaft darein teilen. Schon allein aus den Opfergaben im Gesamtbetrag von 1481 Gulden 33 Kreuzer 4 Heller, die in den Jahren 1748 bis 1770 gespendet wurden und nach Angabe des Suftungsbriefes von 1748 ab auch in zwei Hälften geteilt wurden, läßt sich erkennen, wie groß der Zustrom von Gläubigen zur Maria-Hilf-Kapelle gewesen ist.

Nun aber war die Kapelle angeblich wieder baufällig geworden und sollte 1781 neu erbaut werden. Das Maria-Hilf-Bildnis wurde während des Baues auf dem Altar in der Pfarrkirche aufgestellt und vor demselben beteten die Gläubigen alltäglich einen und an Sonn- und Feiertagen zwei Rosenkränze, ohne irgend welche geistliche Anordnung. Es stand nichts im Wege, die Kapelle wieder in der bisherigen Größe aufzubauen. Nach dem Voranschlag eines Maurermeisters sollten die Kosten auf 60-70 Gulden kommen. Hiefür mußten nach dem Stiftungsbrief die Pfarrkirche und die Rosenkranzbruderschaft aufkommen. Die Veldener Marktgemeinde allerdings trug sich mit dem Plan, anstelle der kleinen Maria­Hilf-Kapelle eine viel größere, d. h. eine kleine Kirche zu bauen. Diese Kirche sollte ein Fassungsvermögen von 200 Personen erhalten. Man nannte sogar schon den Namen des Klausners, für den man noch eine eigene Klause erbauen wollte, der dann täglich in der Kapelle die hl. Messe lesen sollte. Auch an den Mesner war bereits gedacht. Der Bodenaushub war bereits begonnen worden. Damit freilich war das Pfarramt nicht einverstanden, Denn einerseits würden die Kosten für diesen Bau mindestens 400 bis 500 Gulden betragen, eine Geldsumme also, welche die damals ohnehin verarmte Pfarrkirche und Rosenkranzbruderschaft nicht ohne Schaden aufzubringen vermochte. Andererseits aber würde dadurch der Kirchenbesuch der Pfarrkirche sehr beeinträchtigt. Gar viele Leute würden der Pfarrkirche fern bleiben und in der Maria-Hilf-Kapelle ihrer Christenpflicht Genüge leisten. Hierzu aber lag keine Veranlassung und auch kein Rechtsgrund vor. So wandte sich der damalige Pfarrer an den Bischof von Freising. Dieser entschied auch naturgemäß, daß die Kapelle nicht benefiziert werden wird und niemals Messe darin gelesen werden dürfe. Die Maria-Hilf-Kapelle wurde sodann wieder in der gleichen Größe wie vorher neu erbaut.

Das Jahr 1783 ist in der oben genannten Inschrifttafel nicht aufgeführt und doch ist es wohl mit das bedeutendste in der Geschichte der Kapelle. Am 21. Juni 1783 soll das „auf einem Brett gemahlen Maria Hülfs Bildniß nebst dem Kindl die Augen gewendet oder gerührt haben." Man behauptete, “daß die Wendung jedesmal in der Frühe und abends bei Dämmerung, zum öfteren aber um Mitternacht, auch nicht selten um Mittagszeit nach Belieben könnte gesehen werden".

Selbstverständlich herrschte über die natürliche Deutung der angeblichen Augenwendung große Aufregung und Bestürzung. Man verstieg sich hierbei sogar so weit, daß man in der Kapelle betete, Gott möge die Geistlichkeit und diejenigen Leute erleuchten, die nicht an diese Wunder glauben wollen. Daß diese Feldkapelle allmählich den Charakter einer Wallfahrtskirche anzunehmen schien, zeigt sich deutlich auch aus einer Vernehmung des „bürgerlichen Strickers und Wißkapellenverwalters", wie er sich selbst nannte, Michael Reithmayer von Velden, der auf Veranlassung der Regierung wegen der „Rosenkranzberührung bei dem Gnadenbild in der Wißkapelle" vernommen wurde. Reithmayer gab an:

,,Schon vor heuriger Erntezeit kam ein gewisser Bräuer von Wasserburg  hierher in besagte Wißkapelle und gab ihm einen ganzen Taler zum Opfer für das Gnadenbild nebst dem Geld um solchen Anöhrln und bey dem Bild selbst anhängen zu lassen, während er nun das Glas bei dem Gnadenbild aufmachte, um den Taler indessen heinein zulegen, sagte dieser Bräu ganz unvermutet zu ihm, daß er die Güte und ihm seinen Rosenkranz an dem Gnadenbild anrühren möchte; dieses sahen die umstehenden Leute, welche die nämliche Bitte an ihn taten, welchen er soviel an ihn kamen, auch unlaugbar die Rosenkränze an das Gnadenbild anrührte, und  dieses  zwar  so  unbedenklicher,  als  ihm  gar wohl  bekannt ist,  daß  dergleichen  Anrührungen fast bei allen Wallfahrtsorten  durch  die  Kirchenverwalter zu geschehen pflegen, wie er selbst als  noch  ein  kleiner  Bub  in der Wallfahnskirche zu Dorfen gesehen zu haben sich erinnere, ob er sich nun schon desfalls, weil er an der ganzen Handlung nicht geringst Geistliches sehe, auch nicht den geringsten Vorwurf  eines  Fehlers  machte,  so  stund  er doch hiervon, nachdem er hörte, daß man ihm dieses Ding  nicht gut auslege, sogleich davon ab, und sagte einem an der Hand  hieher kommenden, ihm unbekannten Mann, der ihn ebenfalls um die Anrührung seines Rosenkranzes ersuchte, öffentlich, daß er sich deswegen an  die Geistlichkeit wenden möchte, weil er sich von selber sonst Verdrieslichkeit besorge. Der Mann bat ihn aber entgegen nur um die Gefälligkeit, ihm das Glas bei dem Gnadenbild aufzumachen, worauf er seinen Rosenkranz selbst und auch anderen Leuten an dieser Bildnis anrührte, ohne daß er dabei im mindesten Hand anlegte ... "

Einen gewissen Höhepunkt erreichte die Geschichte der Kapelle mit dem 17. Juli 1783. Denn an diesem Tage soll sich sogar eine Teufelsaustreibung in der Wißkapelle zugetragen haben. Johann Michael Lenz, Schuhmacher von Velden, der als Wächter bei der Kapelle fungierte und aktiv an der „Teufelsaustreibung"   beteiligt war, wurde hierüber vernommen und sagte Folgendes aus: “An einem gewissen Tag (17. Juli 1783) nachmittags zwischen 2 und 4 Uhr kam eine fremde Weibsperson in die Kapelle, wohin er vom Magistrat zur Herstellung der Ruhe und Ordnung als Wächter bestellt wurde. Diese Person fing gehlings unter den Leuten zu schreien, mit dem Kopf hin und her zu wackeln und das Maul so weit aufzureissen an, daß man ihr fast mit der Faust hineinfahren konnte.  Hier über geriet alles in Tumult und die Leute sagten, daß sie doch geglaubt hätten, daß die Wache Ruhe machen würde. Er ging daher zu dieser Person hinzu und suchte sie mit aller Gewalt still zu halten, er war es aber zu tun nicht imstande, indem sie ihn fast bis zum Altar, worauf das Gnadenbild stand, hindrückte; indessen schaffte er seinem Weibe, die ebenfalls gegenwärtig war, daß sie ihm sein Kruzifix und sein Gebetbuch, dann den Frühmesser selbst holen sollte. Das Weib brachte zwar das Kruzifix und Gebetbuch, aber der Herr Frühmesser gab ihr zu Antwort, daß er sich zu dergleichen Sachen weil er keinen Erlaub von seinem Pfarrer hatte, nicht gebrauchen lassen dürfe. Er sah also gleichwohl wie immer möglich (sich  gezwungen), dieses Weibsbild, weil ihm niemand sonst zu Hilfe kommen wollte, festzuhalten,  und weil er selbst an den besessenen Leuten sehr große Scheu faßte, so schob er sein Kruzifix in den Sack zu seiner eigenen Sicherheit; während dem sagten ihm zwei fremde darneben stehende Männer, daß er der Besessenen nur den Namen Jesus mit der Hand auf den Bukkel schreiben möchte, damit sie ruhiger werde; er tat auch dieses und das Weibsbild bezeigte sich darauf etwas friedlicher und sagte zu ihm, daß er sie nunmehr auslassen sollte, auf welches er selbe verließ und aus der Kapelle ging. Es stand aber nicht lange an, so fing sie  mit den nämlichen Gebärten und Tumult wieder an, so daß er wiederholt hineingehen und selbe halten mußte, ohne daß ihm jedoch obschon dieser ganze Hergang bei 5 Viertelstund andauerte, im mindesten einfiel,  weder  Teufel auszutreiben, noch sonst  mit  seinem  Kruzifix  oder  Gebetbuch einen Mißbrauch auszuüben, in dem im ganzen Gebetbuch … nicht mindeste Teufelbeschwörung enthalten ist und er durch seine ganze Handlung keinen anderen Zweck oder Absicht  hatte, als die notwendige Ruhe in der Kapelle herzustellen und der  geplagten  Person  beizustehen,  als welche ihm auch nach der Hand um die geleistete Hilfe sehr Dank sagte.  Dieses Weibsbild erzählte, daß ihr in Altötting gesagt worden, daß der böse Geist in hiesiger Kapelle aus dem Kopf heraus müsse, er also in der Meinung ihr den Kopf gehalten habe, daß sie desto weniger geplagt werden möchte. Als einzige Worte, da sie ihn, während er sie hielt, mit den Worten anredete: Laßt mir meine Kreatur gehen, sagte er zu ihr: Jetzt ist sie nicht mehr deine Kreatur, sondern sie ist unter dem Schutz Mariae. Weil nun dieses Weibsbild im Herausgehen bei der Kapelle denen Leuten selbst erzählte, daß der böse Geist ihren Kopf wirklich verlassen hätte, so machen solche selbst den blinden Lärm, daß er Teufel ausgetrieben haben solle".

Nach diesen Vorkommnissen, die begreiflicherweise bei der Veldener Bevölkerung steigende Unruhe und Aufregung verursachten, andererseits aber auch nicht gerade dazu angetan waren, dem religiösen Leben besonders förderlich zu sein, wurde vom Ordinariat Freising und der Regierung angeordnet, daß das Muttergottesbild in die Pfarrkirche überführt werde. Der Regensburgische Beamte der Hofmark Eberspoint (zu deren niedern Gerichtsbarkeit auch Velden gehörte) wurde ermächtigt, zur Transferierung des Bildes sogar ein Kommando der Garnison Landshut oder das Feldjägerkorps oder auch das Gericht Vilsbiburg mit all seinen Obmännern und Gerichtsdienern gegen die „rebellischen Veldner" anzurufen, falls sich jemand in Velden deshalb sträuben sollte. Dagegen beklagte sich natürlich der Rat des Marktes Velden beim Kurfürst, da der Regensburgische Beamte damit gar nichts zu tun habe, nachdem die Kapelle mit dem Bild auf dem Grund eines hiesigen Bürgers stehe und dieser Grund, die Zellwiese, außerdem im inneren Burgfrieden Veldens liege. Das Bild wurde sodann am 18. September 1783 ganz ruhig und ohne Widerstand in die Pfarrkirche transferiert und nach Anordnung auf dem Altar der Rosenkranzbruderschaft aufgestellt. Der Beamte in Eberspoint, dessen Einstellung zu Velden nicht besonders herzlich gewesen zu sein scheint, stellte sodann den Antrag, die Kapelle solle „demoliert" werden. Aber auch dagegen legte der Rat des Marktes Velden Verwahrung ein. Eine solche „Demolierung" stand auch nicht im Einklang mit dem Stiftungsbrief und wurde deshalb vom Ordinariat und Regierung nicht gutgeheißen.

Nun entstand ein weiterer Streit, der sich mehrere Monate hinzog und ebenfalls in der Hauptsache vom Regensburgischen Beamten in Eberspoint heraufbeschworen wurde. Er wollte sich nämlich auch einen Anteil an den Opfergeldern verschaffen; denn diese waren natürlich in ganz erheblichem Maße gestiegen. In der Zeit vom 21. Juni bis 17. September 1783 wurden im Opferstock allein 524 Gulden 50 Kreuzer gespendet. Ferner waren noch eine Unmenge von Gaben auf den Altar selbst gelegt worden, so z. B.:

1 silberne 6 gängige Kette nebst 2 detto Dreiangln, an welche das Opfer an Münzen, Ringen, so anderen hanget, 8 Lot 3 Quintl schwer, von reinem Silber 9 lotig

1 zehnfacher Dukaten = 50 Gulden

1 Mändldukaten = 5 Gulden

1 Golddukaten = 3 Gulden 40 Kreuzer

1 ziemlich schwach vergoldeter augsburgischer Taler  =  3 Gulden

1 bayerischer Taler ver goldet

1 französisches Sechserl

1 Ritter St. Georg Taler

1 Kaiser Taler, worauf die Jahreszahl 1692 mit dem Bilde Kaiser Leopolds steht

1 Kaisertaler mit der Jahreszahl 1654 und dem Namen Ferdinand Karl

1 Nürnberger Taler

1 Deutscher Ordens-Ritter-Taler mit der Jahreszahl 1603

1 Salzburger Taler, worauf der hl. Rupert und Mutter Gottes 1632

1 französischer Halbgulden

1 goldener Ring, so in der Mitte einen großen roten und seitwärts zwei weiße kleine Steine führt = 10 Gulden

1 ganz goldener 6facher Dreiangel im Werte von 9 Gulden

2 in Silber gefaßte Ohrengehäng mit Perlen

1 ganz goldener Ring mit einem blauen Fluß = 8 Gulden

1 Schweißtuch mit einem goldenen Reifl

1 viereckiges Salzburger Stückl

und vieles andere mehr.

Es wurden Anstrengungen gemacht, daß das Bild auf dem Apostelaltar Aufstellung finden solle, dann glaubte der Beamte in Eberspoint eher einen Anteil an den Opfergeldern sich sichern zu können. Doch auch das wurde nicht genehmigt. Der Streit hierüber zog sich immer mehr in die Länge, ein Schriftwechsel löste den anderen ab. Erst eine Verfügung des Kurfürsten Karl Theodor vom 25. Mai 1784 brachte eine endgültige Regelung. Darnach soll

"1. die erwähnte Maria Hilfbildniß auf dem Altar, wo sie jetzt stehet, noch fernerhin verbleiben,

2. soll zwar den aufgestellten ordinari Kirchenpröbsten ein Schlüssel zum Opferstock des Bildniß be­ händigt, diese aber

3, Niemal anders als in Gegenwart des Pfarrers und Markts Magistrat geöffnet, sofort

4. die Administration hierüber der alten Observanz gemäß, niemand andern, als dem Pfarrer und dem Markts Magistrat Velden gebühren. Übrigens

5. sollen die bei dem Opferstock der Maria Hilf Bildniß eingehende Gefälle, mithin die über Abzug der Ausgaben vorhandene baare Gelder mit Ausschluß der Votiven, in 3 gleiche Theile getheilt werden, wovon der eine Theil der Rosenkranzbrudcrschaft, die zween anderen Theile aber der Pfarrkirche zugewendet werden mögen mit dem Beisatz, daß

6. jedesmal der ganze Betrag der erhobenen Maria Hilf Stockgelder, um die der Pfarrkirche angewiesene zween Drittheile desto besser zu ermessen, in der Bruderschaftsrechnung vorgemerkt und nebenher

7. von mehr besagten Markts Magistrats unter des Pfarrers Cummulativ jedes Jahr getreue Rechnung gepflogen, und sofort zu Euch der gewöhnlichen Justifizierung willen eingesendet werden solle."

Davon sei „nach dieser Vorschrift das Hofmarksgericht Eberspoint sowohl, als der Pfarrer zu Velden zu verbescheiden, und selbe mit allem Ernst zu verweisen, indem man widrigen Falls würde gezwungen sein, andere Maßregel zu treffen". Der Pfarrer von Velden solle ausserdem auch in seinen Predigten aufklärend und beruhigend auf die Gläubigen einwirken. Damit schließt eigentlich die Geschichte der Kapelle. Daß sie in den Jahren 1816 und 1838 wieder renoviert bzw. 1887 an den heutigen Platz versetzt wurde, ist vorstehend bereits gesagt. Das Maria­Hilf-Bild, das sich heute wieder in der Kapelle befindet, dürfte das gleiche Bild sein.