Die Schule in Velden

Beitrag von B. Schwitulla

Niemand wird es wundern, daß die Veldcner Schule nicht auch auf ein so ehrwürdiges Alter von 12 Jahrhunderten zurückblicken kann. In so früher Zeit bestand kein Bedürfnis und auch keine Notwendigkeit, die heranwachsende Jugend besonders zu unterrichten. Die Eltern erzogen ihre Kinder selbst in aller Einfachheit und Selbstverständlichkeit. Kost, Bekleidung oder Bequemlichkeiten waren auf das Notwendigste beschränkt.  Die damaligen Verhältnisse erzogen von selbst zur Abhärtung und zu vielerlei Einschränkungen. Die Spiele der Jugendlichen mögen sich oft bis zur Meisterschaft vervollkommnet haben. “Speere werfen und die Götter ehren" mußte jeder lernen. Aber dazu brauchte man keine Schulen.

Unterricht aus Büchern kannten die Bajuwaren nicht. Den ersten Schritt auf eine planmäßige Unterrichtung hin brachte das Christentum. Denn schon in den ältesten Zeiten erhielten die Erwachsenen,  bevor sie die Taufe empfingen, eine Unterweisung in der christlichen Lehre. Manche Eltern mögen die Gelegenheit benutzt haben, auch ihre Kinder zum Eintritt in die Kirche vorbereiten zu lassen. In der Folgezeit werden sich da und dort mit der Gründung der Pfarreien auch Pfarrschulen entwickelt haben. Auch diese hatten den Hauptzweck, die Jugend zu einer verständnisvollen Teilnahme am Gottesdienst zu befähigen. Weltliche Unterrichtsfächer, wie wir sie von unseren Schulen her kennen, waren ausgeschlossen. Ob eine derartige Schule Jemals in Velden bestand? Wir haben keine Beweise dafür. Aber die Bedeutung der Pfarrei Velden läßt eine ziemliche Wahrscheinlichkeit zu.

Bedeutender und wirksamer waren die Klosterschulen.  Die Benediktiner gaben der Jugendbildung einen weiteren Rahmen. Söhne meist begüterter Stände erhielten in diesen Schulen ihre Allgemeinbildung. Auch von einer solchen Klosterschule ist in der Veldener Gegend nichts bekannt. Latein war die Sprache der Gelehrten, und auch die Pfarrschulen waren ursprünglich Lateinschulen. Daneben entstanden um 1500 die sog. “deutschen Schulen" oder „Trivialschulen". Diese gewannen bei dem ständigen Bedarf an Schreibern und Fachleuten der Verwaltung ständig an Bedeutung.  Natürlich gab es auch damals einen chronischen Lehrermangel und viel zu wenig Schulhäuser.  In einem Gutachten der Bischöfe an die Pfarrherren aus dem Jahre 1540 ist zu lesen: 

... “es ist erst von Nöten, daß man einen guten, ehrbaren, gottesfürchtigen, sittlichen und gelehrten Schulmeister habe.  Denn an einem Schulmeister ist die Wohlfahrt und Verderben der Jugend nach des leiblichen Vaters Zucht am meisten gelegen".

Ein Freisinger Generale aus etwas späterer Zeit macht den Pfarrern zur Pflicht,

… “auf alle Weise beflissen zu sein damit wenigstens in größeren Dorfschaften eigene Schulmeister aufgestellt und ständig unterhalten werden".

Demzufolge ist mit Sicherheit anzunehmen, daß zu dieser Zeit in Velden eine Schule bestand, freilich - gemessen an heutigen Verhältnissen - in sehr bescheidener Form. Den ersten Hinweis dafür gibt uns eine Nachricht, nach der anno 1560 in Velden ein Schulmeister gestorben ist.Das Schulehalten war in ältester Zeit ein freies Gewerbe, das jeder, der Neigung und Lust hatte, - gegen Entgelt an den 4 Quatembertagen des Jahres - mit Genehmigung des Rates ausüben konnte. Im Jahr 1563 wird erwähnt, daß bei der Fronleichnamsprozession die Schulmeister zwischen den Metzgern und Schneidern gingen, wie es sich für ehrbare Handwerker geziemt.

Die schlechte finanzielle Lage des damaligen Lehrers zu Velden hat wohl auch den Kammerer und Rat des Marktes Velden bewogen, im Juli 1580 das Kastenamt Landshut zu bitten, der Gemeinde den sogenannten „Fürkauf" und die „Fertigungsgebühr" für verkaufte Häuser, Wiesen und Acker nachzulassen, um damit unter anderem den Marktschreiber, der auch Schule hält und nur ein kleines Einkommen bezieht und außer der Schreiberei sonst nichts verdient, besser bezahlen zu können, 

… “weil wir zu der Jugend, die wir gern auf Gottes Furcht, Ehr und Ehrbarkeit erziehen lassen, dergleichen ehrlichen und erfahrenen Marktschreiber und auch Schulhalter nicht bekommen können, so bitten wir, uns die Fertigung über die im Burgfried liegende verkaufte Stücke gnädigst nachzulassen, um einen tauglichen und geschickten Schulhalter halten zu können". 

Der Lehrer auf dem Dorf war zumeist Organist und Mesner und bezog in dieser Eigenschaft von der Kirche eine feste Besoldung. In zweiter Linie war er auch noch Gemeindeschreiber und hatte als solcher die Beschlüsse aufzuzeichnen und Schriftstücke abzufassen. Erst in dritter und letzter Linie kam seine eigentliche Lehrtätigkeit während des Winters. Im Sommer wurde lange Zeit überhaupt keine Schule gehalten. Da wurden alle Hände bei der Feldbestellung gebraucht. Jetzt hatte der Lehrer Zeit für allerlei Nebenbeschäftigungen, die sein Gehalt etwas aufbesserten. Er konnte seinen kleinen Acker bestellen, als Zehntknecht den Zehnt einsammeln, bei Hochzeiten spielen, den Hochzeitlader machen und dergleichen mehr.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß bis in die Neuzeit hinein von den Eltern ein Schulgeld erhoben wurde.  So erhielt um 1794 ein Schulmeister von jedem Kind, das seinen Unterricht besuchte, für Lesen und Schreiben jährlich 15 Kreuzer; für „welsche” Praktika (Rechnen) aber 1 Gulden.Hinzu kamen 4 Kreuzer Holzgeld und 1 Unschlittkerze pro Kind. Dafür mußte der Lehrer für Miete, Heizung, Reinigung und Beleuchtung des Schullokals aufkommen.

Ein anderes Zeugnis für das Vorhandensein einer Schule in Velden befindet sich unter den Ausgaben des Pfarrers Wolfgang Gruber, gestorben 1594, dessen schöner Grabstein in der Vorhalle der Pfarrkirche zu sehen ist. Dieser zählt bei seiner Kassenführung auch die Besoldung des Schulmeisters auf.

Als weitere Ursache für die Schulmisere der damaligen Zeit ist der Mangel an geeigneten Räumlichkeiten anzusehen. Immer wieder werden Klagen und Beschwerden laut, daß die Schulgebäude sich in unzulänglichem Zustand befinden. Der Nachfolger des erwähnten Pfarrers Gruber, der Dechant und Magister Andreas Goppoltsrieder, dessen Grabstein in der Lourdesgrotte stehe, wendet sich in dieser Angelegenheit am 6. März 1606 an das Pfleggericht Vilsbiburg und berichtet, daß das Schulgebäude in Velden derart baufällig sei, daß man stündlich befürchten müsse, es könnte zusammenfallen. Außerdem können nur die Hälfte der Kinder sitzen, die andere Hälfte müsse stehen, so daß einige Bürger ihre Kinder nicht mehr in die Schule schicken. Zusammen mit dem Pfleger in Eberspoint und dem Rat des Marktes Velden habe man bereits einen günstigen Platz für ein neues Schulhaus ausgewählt. Man habe auch einen hiesigen Maurermeister gefunden, der diese neue Schule um 283 Gulden (ohne Materialkosten) erbauen wolle. Hierzu wolle die Marktgemeindc 70 Gulden, der Pfarrer selbst 50 Gulden hergeben. Der Überrest solle von der Pfarrkirche, auf deren Grund die Schule gebaut werden solle, bestritten werden. Die nötigen Bauhölzer sollen aus dem bischöf1ich-regensburgischen Wald bei Eberspoint gegeben werden. Den noch fehlenden Rest wolle man von dem Filialkirchenvermögcn als Darlehen aufnehmen.  Von der wohlhabenden Kirche in Erlach erwarte man 60 bis 70 Gulden. Dieser Antrag wurde über das Pfleggericht Vilsbiburg an die Regierung von Landshut eingereicht und von dort am 4. April 1606 abgewiesen.

Die Gründe für die langsame und schwerfällige Entwicklung des bayerischen Schulwesens im 16. und 17.  Jahrhundert lagen in der Geringschätzung der Schule und des Lehrerstandes, in der Schwerfälligkeit der unteren Behörden, vor allem aber in den schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere während und nach dem 30jährigen Krieg. Für die besten Schulverordnungen stellten sie unüberwindliche Hindernisse dar.

Der Kurfürst Max Josef wollte hierin einen grundlegenden Wandel schaffen. Er erließ 1770 in sehr fortschrittlichem Geist die erste bayerische Schulordnung. In dem Vorwort heißt es:

,,Uns ist der jetzige schlechte Zustand der Trivialschulen nicht unbekannt und Wir sehen wohl ein, daß der Sache nicht anders als durch eine allgemeine Verbesserung und neue Einrichtung abgeholfen werden kann …_bewog Uns,  Unsere  landesväterliche  Sorge  auf  die öffentlichcn  Erziehungsörter  zu werfen und jene Schulen in guten Zustand zu versetzen, worin  der  Grund zu  den  übrigen  gelegt  und der  Jugend  die ersten  Gründe sowohl  des Christentums  als auch  der   Wissenschaften  beigebracht  werden."

Zugleich mit dieser gut ausgearbeiteten und weit in die Zukunft weisenden Lehrordnung schrieb der Kurfürst für jeden Lehrer ein Lehrexamen vor einer Kommission in München vor. 1771 erschien auch die erste Verordnung, durch die der Schulzwang eingeführt wurde. Aber sie stand nur auf dem Papier, gekümmert hat man sich, vor allem auf dem Lande, nicht viel darum. Erst 1803 wurde die allgemeine Schulpflicht durchgesetzt.

Lag das Schulwesen das Mittelalter hindurch im wesentlichen in der Hand der Kirche und ihrer Klöster, so war nach der Säkularisation die geistliche Schulaufsicht in den Volksschulen nur die logische Folge aus der alten Tradition. Von einem bedeutenden Schulinspektor in Velden berichten die „Schulnachrichten" von 1803: 

“Mit ausgezeichneter Achtung nennen wir einen Mann, der einen vorzüglichen Platz unter den Jugendfreunden verdient, der wahrhaft edle Reichsgraf Ludwig von Berchem, kurfürstlicher Oberschulinspektor und Pfarrer zu Velden."

Bei seinem Amtsantritt fand er die Gemeindeschule in schlechter Verfassung. Es war kein Lehrer angestellt, sondern die Schule wurde von einem alten Prokurator versehen, “dem die Kinder Herr geworden waren". Der Graf ordnete die Schulverhältnisse gründlich und verbesserte auch den Schulunterricht. Armen Kindern spendete er Schulbücher und Material und übernahm für sie das Schulgeld. Auf seinen Vorschlag hin wies der Ortsmagistrat im ersten Stock des alten Rathauses ein geräumiges Schulzimmer aus. Graf Berchem hatte bereits 1798 die Feiertagsschule in Velden eingeführt, zu einer Zeit als noch nirgends in der Gegend an ein solches Institut gedacht wurde. Die beiden Filialorte Pauluszell und Gebensbach erhielten unter ihm eigene Schulen. Sein Kaplan Roider Johann und der Pfarrer selbst gaben anfangs den gesamten Unterricht in der Werktags- und Feiertagsschule.

1808 wurde beim General-Kommissariat die Errichtung einer weiblichen (Hand-)Arbeitsschule in Velden beantragt.

“... der Markt Velden mit der angrenzenden Bauernschaft ist so bedeutend, daß eine Lehrerin der weiblichen Arbeitsschule umsomehr hinlänglich beschäftigt wäre, da in der ganzen Gegend keine solche Anstalt bestehe und mancher Vater, dessen Sorge für die künftige Ausbildung seines Kindes den nicht unbedeutenden Aufwand übersteigt, dasselbe nach der vier Stunden von Velden entlegenen Stadt Landshut zu gehen gezwungen ist."

Man erteilte dem hiesigen Lehrer Simon Dobler die Erlaubnis, 

“ … sich mit einer hierzu tauglichen Person zu verehelichen, da er übrigens seinem Amte ganz gewachsen ist, weder an Ehrlichkeit noch Fleiß es ermangeln läßt, die Schuljugend nützlich zu unterrichten und dessen sittlicher Charakter bisher höchst unbescholten war". 

Das Veldener Schulhaus hat oft seinen Standpunkt gewechselt. So wundere es nicht, daß lange Zeit der Unterricht in unzulänglichen Räumen gehalten wurde. Um 1800 war die Schule in dem alten Rathaus untergebracht. Dieses war ein stattlicher, architektonisch ansprechender Bau und stand an der Stelle des jetzigen Kriegerdenkmals. Oben im ersten Stockwerk war ein geräumiger Saal; dort wurde Schule gehalten.

Ein Schulzimmer und ein Lehrer genügten damals für Knaben und Mädchen, die gemeinsam unterrichtet wurden. Der Lehrer wohnte in dem kleinen, nur aus 3 Zimmern, Küche und Speicher bestehenden Häuschen, welches an der Stelle des späteren alten Knabenschulhauses stand (heute Standort der Brenningerplastik „Bergpredigt"). Der Lehrer war damals zugleich Organist und Chorregent und hatte deshalb das der Kirche gehörende Haus inne. Der Mesner wohnte damals noch nebenan in einem ziemlich großen Gebäude, dem Mesnerhaus, an der Stelle, wo später die Mädchenschule gebaut wurde. Dazu gehörten auch einige Ökonomiegebäude: Stallungen, Stadl, Tenne und Garten. Der Mesner hatte den Kirchendienst zu besorgen und daneben seine Ökonomie: Er hatte viel Dienstgründe und hielt 2 Pferde, 4 Kühe, Schweine und anderes mehr.

Im Laufe der Jahre war das Schulzimmer im alten Rathaus in einen unzumutbaren Zustand gekommen, so daß der Jahresbericht von 1812 feststellen mußte:

“ . . . es sei nicht gut heizbar, weil 9 ganz vermoderte, äußerst schlechte Fensterstöcke jeden Wind und Sturm preisgeben und keine W ärme halten können, sondern diese bei  einem noch schlechteren Bretterboden oben verfliegen muß. Die Kinder nahe am Ofen scheinen zu verbrennen, die entfernteren leiden äußerste Kälte."

Die beste Abhilfe sei die Transferierung der Schule in das Mesnerwohnhaus. Auf dasselbe könnte für die Schulräume ein Stockwerk hochgebaut werden und in den unteren Teil zwei geräumige Lehrerzimmer.  Der damalige Lokalschulinspektor Pfarrer Dionis Hagel setzte sich für das Projekt ein und der Bauwerkmeister Reißler aus Erding fertigte einen Bauplan, dessen Kostenvoranschlag sich auf 2500 Gulden belief. Dieser Plan wurde jedoch zunächst verworfen und erst 40 Jahre später wieder aufgegriffen.  Mag sein, daß die damit notwendig gewordene Aufgabe seiner Ökonomie dem Lehrer nicht entsprach - dieser hatte seine Wohnung hierher gewechselt-, sei es, daß man sich an ein Gutachten des Königl. Distrikts-Schulinspektrs von Vilsbiburg vom Januar 1816 hielt, das besagte, daß ein Schulhalhalten in dem (umzubauenden) Lehrerwohnhaus nicht zulässig sei,

“ … weil es nächst zu dem mit toten Körpern vollgestopften Kirchhofe ist, dessen  faule  Ausdünstungen in einen ungesunden, beständigen Nebel einhüllen ... "

Erst als die Mißstände im Schulzimmer des alten Rathauses nahezu unerträglich geworden waren, wurde der Neubau einer Schule wieder aufgegriffen. Inzwischen war die Schülerzahl auf 120 Kinder gestiegen, so daß ein zweiter Schulraum dringend gebraucht wurde. Pfarrer Bachmaier packte nun mit Energie ein anderes Projekt an, nämlich das der Kirche gehörende Gebäude, welches früher dem Chorregenten und Organisten als Wohnung diente, zum Schulhaus umzubauen. Mit Regierungsentschl ießung vom 14. Juni 1829 wurde der Umbau genehmigt und das neue Schulhaus nach kurzer Bauzeit bereits am 31. Oktober 1830 feierlich eröffnet. Alle Ausgaben - es waren 2543 Gulden und 50 Kreuzer - bestritt ausschließlich die Kirche Velden als Eigentümerin des Hauses, wobei sie durch Spenden einzelner Parochianen des Landbezirks unterstützt wurde. Bei einer diesbezüglichen Sammlung kamen an Geld 24 Gulden, 49 Kreuzer und außerdem 12 Bretter, 32 Bauhölzer und 3039 Steine zusammen. Die Schulgemeinde leistete hierbei nur Hand- und Spanndienste, die nicht bedeutend waren und teilweise sogar bezahlt wurden.

Mit Eröffnung der neuen Schullokale wurde die Anstellung eines Hilfslehrers notwendig, der zusammen mit dem Mesner im Erdgeschoß des neuen Schulhauses wohnte. Diese Gehilfenstelle wurde 1843 zu einer ordentlichen zweiten Schulstelle unter Vereinigung des Mesnerdienstes erhoben, da gerade der bisherige Mesner gestorben war.

Nur zu bald erwies sich auch dieses Schulgebäude als nicht mehr ausreichend, da die Zahl der Schulkinder unerwartet schnell wuchs. Um der Raumnot abzuhelfen und zugleich auch um die längst gewünschte Trennung der bisher gemeinsam beschulten Knaben und Mädchen durchzuführen, stellte Geistl. Rat Pfarrer Weigl am 6. Juni 1853 den Antrag, das alte Mesnerhaus samt Ökonomiegebäude abzureißen und an dessen Stelle ein eigenes Mädchenschulhaus zu errichten. Dem Vorhaben lag die erklärte Absicht zugrunde, die Unterichterteilung der Mädchen den Armen Schulschwestern zu übertragen, die seit einem Jahr bereits in dem benachbarten Neufraunhofen segensreich wirkten. Mit Energie und Tatkraft setzte der Pfarrer trotz mancher örtlicher Intrigen, aber mit wohlwollender Unterstützung geistlicher und weltlicher Vorgesetzter seinen Plan durch. Die Regierung erteilte am 14.  August 1856 die Genehmigung und bereits am 25. Oktober 1857 fand die Einweihung statt. Hier standen 3 weitere Schulräume zur Verfügung und außerdem war für die Schulschwestern ein Heim geschaffen. Aber wer sollte das bezahlen? Die Schulgemeinde wollte davon nichts wissen, ja sie verweigerte sogar die sonst üblichen Hand- und Spanndienste. Die Kirchenverwaltung gewährt einen Bauzuschuss von 1556 Gulden und 50 Kreuzer nur deshalb, weil das alte und nun abgerissene Meßnerhaus sehr baufällig war und eine auch bloß notdürftige Reparatur - Dachstuhl und Umfassungsmauern drohte der Einsturz - diese Summe erfordert hätte. Die Nebenkirchen Münster, Haag und Erlach gaben 1000 Gulden als Darlehen. Alle übrigen Kosten, selbst die Beschaffung der Einrichtungen (Schulbänke, Tafeln usw.) mußten vom Bauherrn, dem Pfarrer Weigl, bestritten werden. Es handelte sich immerhin um ca. 6000 Gulden.

In den folgenden Jahren nimmt der Markt an dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung teil, was sich nicht zuletzt auch an der wachsenden Kinderzahl bestätigt. 1880 zählt die Mädchenschule allein bereits 146 Mädchen in der Werktagsschule und 66 Mädchen in der Feiertagsschule. Die Gemeinde wird gedrängt, das Mädchenschulhaus zu erweitern und außerdem eine Kleinkinderbewahranstalt einzurichten. Am 5. April 1854 übernimmt der Markt Velden von der Pfarrkirchenstiftung das Mädchenschulhaus und den angrenzenden Garten und verpflichtet sich, es zu erhalten, nicht zu veräußern, noch zu zerstören oder es verfallen zu lassen. Außerdem wird zur Bedingung gemacht, es nur für Schulzwecke zu verwenden und den Unterricht den Ordensschwestern zu übertragen. Dadurch erhält die Marktgemeinde freie Hand, und bis 1895 wird die Mädchenschule um den Anbau nach Norden erweitert. Man gewinnt ein drittes Schulzimmer für die Mädchen und einen Raum für den gemeindlichen Kindergarten, der unter der Obhut der Armen Schulschwestern geführt wird.

Der Anstieg auch der Schüler in der Knabenschule (1902 = 112 Knaben) bringt die Notwendigkeit der Errichtung einer 3. Lehrerstelle. Damit erhebt sich zugleich auch die Frage nach einem dritten Schulsaal für die Knaben. Nach langem Suchen und vielen Vorschlägen setzt sich der Plan eines völligen Neubaus der Knabenschule durch. Im März 1903 wird der Bau von 2 Schulsälen (man hat ja noch 2 Schulzimmer im alten Schulhaus!) und 2 Lehrerwohnungen endgültig beschlossen, im Oktober werden die Bauaufträge vergeben und 1 Jahr später, am 13. Oktober 1904, findet die Einweihung, Übergabe und Besichtigung der neuen Knabenschule statt. Die gesamten Baukosten betrugen 47.836,68 Mark. Man glaubte, nun genug getan zu haben. Es standen ja noch andere kostspielige Gemeinschaftsaufgaben an (Friedhof, Wasserleitung, Kläranlage). Aber schon 1912 wird eine 4. Lehrkraft für die Mädchenschule benötigt. Das bedeutete zusätzliche Ausgaben; denn neben der Besoldung, die damals eine kommunale Aufgabe war, mußte ein weiterer Raum als Schulsaal bereitgestellt werden. Es bot sich von selbst an, die im umgebauten Mädchenschulhaus untergebrachte Kleinkinderbewahranstalt (Kindergarten) auszuquartieren und statt dessen dort den 4. Lehrsaal auszubauen. Aber die Besitzverhältnisse waren verzwickt. Die Verhandlungen mit dem Magistrat Velden erstreckten sich bis 1912 und erbrachten schließlich, daß das Mädchenschulhaus in den Besitz des Schulsprengels gelangte, während dieser sich an den Baukosten des neuen Kindergartens und der dazugehörigen Schwesternwohnung beteiligte. Im Mai 1913 wurden die Bauaufträge zum Neubau des Kindergartens vergeben und der Bau mit 13.417,70 Mark Kosten noch im gleichen Jahr erstellt. Der vom Staat erbetene Zuschuß wurde zum großen Bedauern verweigert.

Der erste Weltkrieg brachte wie überall, so auch an den Veldener Schulen, eine Stagnation. 1918 sah das Ende der königlich- bayerischen Ära. Der Freistaat Bayern brachte neuen Schwung. Eltern und Gemeindevertreter wurden an der Gestaltung des Schullebens beteiligt: die erste Schulpflegschaft wurde gewählt. 1920 erfolgte in Velden die Trennung des gesamten Kirchendienstes vom Schuldienst. Das ergab Konsequenzen für die Lehrerwohnung im alten Knabenschulhaus und deren Miete. Im gleichen Jahr regelte das neue Beamtengesetz auch die Besoldung der Volksschullehrer und nahm den Gemeinden eine finanzielle Last ab. 1921 führte Lehrer Osterer für die gewerbliche Fortbildungsschule das Fachzeichnen ein, wovon die Bäcker-, Metzger- und Müllerlehrlinge befreit wurden. 1924 wurde die Fortbildungsschule vom Sonntag auf den Werktag verlegt, so daß die Bezeichnung »Feiertagsschule" ihre Berechtigung verlor. 1926 brachte Bayern eine vorbildliche Lehrordnung für die Volksschulen heraus, die lange Zeit beispielgebend blieb. 1932 forderte die Schulpflegschaft eine 4.  Lehrerstelle für die Knbenschule. 1934 wurde die Einführung des 8. Schuljahres für die Marktkinder beschlossen, aber erst 3 Jahre später eingeführt.

Im Sinne der politischen Zielsetzung des NS-Regims wurde im Dritten Reich durch eine Entschließung der Regierung von Niederbayern den 3 Schulschwestern die Unterrichtserteilung an der Mädchenschule entzogen. Die Mitteilung erfolgte gewissermaßen über Nacht, und auch die Räumung ihrer klösterlichen Wohnung wurde ganz kurzfristig verfügt. In der Zeit ihres »Exils" erhielten die Schwestern Wohnung in der Vogtei 10, dem sog, Chorregentenhaus, das der Kirchenverwaltung gehörte.

Der zweite Weltkrieg zeigte auch in Velden seine Auswirkungen, die anfänglich einigermaßen zu ertragen waren. Das nahe Kriegsende aber und die heranrückende Front hatten turbulente Zustände im Gefolge: Zu Beginn des Jahres 1945 wurde der Kindergarten zum Revier für kranke und verwundete Soldaten umgestaltet. In den Räumen der Mädchenschule wurde ein provisorisches Altersheim für Flüchtlinge eingerichtet. Im März belegten deutsche Soldaten die beiden Schulsäle des neuen Knabenschulhauses.  An Unterricht war in dieser chaotischen Zeit nicht zu denken.  Am 1. Mai zogen amerikanische Truppen in Velden ein. Sie kampierten im neuen Knabenschulhaus. Die deutschen Truppen wurden auf dem Dachboden gefangen gehalten. Im alten Knabenschulhaus wurden die befreiten ausländischen Zwangsarbeiter, in der Hauptsache Polen, von der UNRRA untergebracht.

Im Zuge der Entnazifizierung wurde die Mehrzahl der Lehrkräfte aus dem Dienst entlassen und erst allmählich wieder eingestellt. Schier unüberwindliche Hindernisse türmten sich vor einer Wiederaufnahme des Unterrichts auf. Durch sofort eingeleitete Bittgesuche wurden die Schwestern wieder in den Schuldienst zurückgestellt, die im September 1945 den Unterricht wieder aufnahmen. Die Räume im Mädchenschulhaus wurden aber erst im Oktober frei. Sie hatten sehr gelitten und bedurften einer Generalüberholung. Ausweichlehrsäle waren in den Gastwirtschaften Stammler und Hingerl. Das neue Knabenschulhaus konnte im September desselben Jahres belegt werden. Groß waren aber immer noch die Schwierigkeiten der Unterrichtsgestaltung und weit entfernt von einem normalen Betrieb, Durch den Flüchtlingsstrom waren die Klassen hoffnungslos überfüllt und konnten nur im Abteilungsunterricht und Wechselunterricht geführt werden. Es gab keine Hefte und keine genehmigten Bücher, es fehlte an Anschauungsmitteln und an Schreibmaterial. Aber langsam normalisierte sich das Schulleben und allmählich heilten die Wunden. Aus Marshallplan-Mitteln erhielten die Kinder Schulspeisung und auch die Care-Pakete brachten manche willkommene Spende. 1950 wurden die Schulleitungen wieder getrennt, die im Dritten Reich zusammengelegt worden waren, und es gab wieder eine Mädchenschule und eine Knabenschule. Daneben erhielt die Berufsschule mit zwei Abteilungen eine eigene Leitung.

Immer noch aber wurde in dem alten, längst abbruchreifen Knabenschulhaus unterrichtet. Die unzumutbaren Zustände dort und die Überfüllung der Klassen - die Knabenschule allein zählte 1952 241 Schüler - forderten energisch eine großzügige Lösung der Schulraumnot. Um nicht Flickwerk zu schaffen, kam man zu der Überzeugung, daß dem Mißstand nur durch einen Neubau abzuhelfen sei. Der Plan fand in dem damaligen Bürgermeister Böckl seinen eifrigsten Verfechter, und nachdem die Finanzierung gesichert schien, beschloß der Schulverband den Bau eines Schulhauses mit 5 Lehrsälen, einer Schulküche und eines Werkraums mit den entsprechenden Nebenräumen. Einziehen sollte die Knabenschule und auch die landwirtschaftliche Berufsschule. Am 25. Oktober 1954 rückten die ersten Arbeiter an. Das schöne Herbstwetter half mit, vor Einbruch des Frostes noch die Kellerdecke einzuziehen. Am Palmsonntag 1955 wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung die Grundsteinlegung nachgeholt. Nach 14monatiger Bauzeit feierte man am 4. Dezember die Einweihung des schönen und geräumigen Baues, der eine Lösung aller Raumprobleme mitzubringen schien.

Doch die Zeit blieb nicht stehen. Die Entwicklung der Technik und die wirtschaftlichen Verhältnisse machten ungeahnte Fortschritte. Die äußere und innere Schulreform führte zu neuen Situationen und stellte erhebliche Anforderungen an die Einrichtungen der Schule. Wollte man nicht ins Hintertreffen gelangen, mußte man zielstrebig auf die Zukunft setzen. Aus schulorganisatorischen Gründen mußten Schulzusammenlegungen in Kauf genommen werden. Velden wurde als Sitz einer Mittelpunktschule bestimmt. Das bedeutete aber, daß der Gemeinde wieder große Ausgaben für den Schulhausbau bevorstanden. Noch bevor man an die Planung eines so bedeutenden Vorhabens ging, traf den gesamten Schulsprengel eine schmerzliche Entscheidung des Mutterhauses unserer Schulschwestern sehr. Tief bestürzt mußte man die Auflösung der Niederlassung der Kongregation der Armen Schulschwestern in Velden hinnehmen, eine Maßnahme der personellen Umorganisation des Ordens, zu der ein seit langem bestehender Nachwuchsmangel zwang. Am letzten Schultag 1966 verabschiedeten Schule und Gemeinde die Schwestern, die nach 109 Jahren überaus segensreicher Tätigkeit Velden verließen. Im folgenden Schuljahr wurden die Knaben- und Mädchenklassen, zunächst der Grundschule, später auch der Oberstufe zusammengelegt, um den Richtlinien des bayer. Volksschulgesetzes zu genügen. Im Zuge der Umgestaltung des Pfarrplatzes wurde nun auch das alte Knabenschulhaus, das seit 1954 nicht mehr belegt worden war, im Dezember 1968 abgerissen. Es hatte fast 140 Jahre seine Dienste getan.

Nun überstürzten sich die Ereignisse. 1969 wurde das neunte Schuljahr eingeführt. Das gab den Schülern die Möglichkeit, die Qualifizierende Abschlußprüfung abzuleisten. Im Zuge der Neugliederung der Volksschulen wurden nach dem neuen Volksschulgesetz alle bestehenden Volksschulen im Landkreis aufgelöst und größere Mittelpunktschulen errichtet. Zum Schulsprengel der neugeschaffenen Volksschule Velden (Grund- und Hauptschule) wurden nun auch die Gebiete der früheren Schulverbände Vilslern/Hinterskirchen und Neufraunhofen/Baierbach zugeteilt, letztere mit Ausnahme der Grundschuljahrgänge der Gemeinde Baierbach. Bis zur Fertigstellung der Mittelpunktschule Velden sollten je 2 Klassen in den Schulhäusern Baierbach, Hinterskirehen und Neufraunhofen verbleiben. Um die Schüler zu den verschiedenen Schulen zu transportieren, mußten 3 Schulbusse und einige Kleinbusse als Zubringer eingesetzt werden. Vor allem galt es, das notwendig gewordene Schulgebäude in Angriff zu nehmen. Bürgermeister Reiter trieb immer wieder mit viel Umsicht und Tatkraft das Werk voran, und ihm ist es zu verdanken, daß der erste Bauabschnitt bereits 1969 stand, so daß zunächst 6 weitere Klassen neu einziehen konnten. Das Gesamtprojekt umfaßte aber 4 Bauabschnitte, darunter die dringend benötigte Turnhalle. Hier ist der Marktgemeinde Velden besonderes Lob zu spenden, daß sie trotz anderer großer Belastungen den Plan zügig weiterführte und bereits im Winter 1970/71 den Baugrund durch die Friedhofumbettung herrichtete. Bald sah man die Mauern der Turnhalle und des Erweiterungsbaues in die Höhe streben, aber auch die Kosten kletterten eifrig mit. Man schätzte sich glücklich, als am 30. Juni 1972 dieser großzügige und moderne Bau, der durch seine Zweckmäßigkeit besticht, eingeweiht werden konnte. Wenn jetzt auch noch die sportlichen Außenanlagen fertiggestellt sind, besitzt Velden eine Mittelpunktschule, die wohl imstande ist, der heranwachsenden Jugend das notwendige Rüstzeug zu vermmeln, die aber auch Zeugnis ablegt von der Umsicht und dem Weitblick seiner Bürger.