Das Rathaus
Beitrag von H. Weindl
Ob im 15. und 16. Jahrhundert im Markte Velden ein eigenes Gemeindehaus bzw. Rathaus bestand, muß nach den gegebenen Umständen bezweifelt werden. Jedenfalls gibt es hierfür keine schriftlichen Nachweise. Jedoch gab es dort ein Marktschreiberhaus Hs.-Nr. 55, neu 7, jetzt Marktplatz 37, ein Ratsdienerhaus Hs.-Nr. 16, neu 100, jetzt Schuberteck 2, das Fürst Primatische Richterhaus Hs.-Nr. 11, neu 110, jetzt Bahnhofstraße 15 und schließlich ein Gerichtsdienerhäusl Hs.-Nr. 12, neu 98, jetzt Schuberteck 6. Alle Amtshandlungen dürften wohl beim Marktschreiber vollzogen worden sein.
Die erste Nachricht von der Entstehung eines Rathauses in Velden erfahren wir aus einem Schuldbrief vom 8. Oktober 1598. Kammerer und Rat von Velden mit Namen Hans Kranwinkler, Hans Fünster und Georg Rörl bekennen anstatt der ganzen Gemeinde, daß ihnen der Gastgeb zugleich Ratsmitglied Wolfgang Thaimer und seine Frau Margaretha (Inhaber des Hauses Nr. 30/31, neu 141/142, jetzt Marktplatz 30 und 32) “zu Auferbauung gemainen Marckths Rathauß" 200 Gulden .geliehen haben. Damals dürfte das erste Rathaus in Velden gebaut worden sein. Es stand im Marktplatz an der Stelle des heutigen Kriegerdenkmals. Im Erdgeschoß befand sich auf der ganzen Längsseite ein Säulengang und dahinter die Fleischbänke für die Metzger, sowie ein Raum für die Feuerlöschrequisiten und das Schlachthaus. Im oberen Stockwerk waren zwei größere Säle und eine Arrestzelle. Dieses vollständig freistehende Rathaus hatte ein sehr schmuckes Aussehen. Allerdings scheint im Laufe der Jahrhunderte sehr wenig für die Reparaturen und Erhaltung dieses Gebäudes getan worden zu sein. Als dann im 18./19. Jahrhundert das Schulzimmer im damaligen, einstöckigen Mesnerhaus, an der Stelle des al ten, jetzt abgebrochenen Schulhauses, für die Schulkinder zu klein wurde, hat man einen der oberen Säle des Rathauses als Schulzimmer benutzt, Als im Jahre 1814 wiederum die Notwendigkeit bestand, die Schulräume zu erweitern und gleichzeitig den Schullehrer und Mesner im Rathaus wohnungsmäßig unterzubringen, entstand der Plan, auf dem Dachboden des Rathauses eine Wohnung einzubauen. Der Pfarrer von Velden berichtete damals als Schulinspektor, daß das derzeitige Schulzimmer im Rathaus im Winter sehr schlecht heizbar sei, nachdem
„die neun äusserst schlechten, ganz vermoderten Fensterstöcke jeden Wind und Sturm preisgegeben, keine Wärme halten können und dann selbe bei einem noch schlechteren, einfachen Bretterboden von oben um so gewisser entweichen muß. Die Kinder nahe dem Ofen scheinen zu verbrennen, die entfernteren hingegen leiden die äusserste Kälte".
Der Rat des Marktes mit dem Bürgermeister Joh. Nep. Hamberger war gegen diesen Plan. Die Verhandlungen mit der Regierung und den übrigen zuständign Stellen zogen sich sehr lange hin, bis man sich schließlich im Jahre l829 entschloß, an Stelle des alten, baufälligen Mesnerhauscs ein neues, zweistöckiges Schulhaus zu bauen.
Im Jahre 1858 begannen neue Verhandlungen wegen der Reparatur des alten Rathauses, die dringend notwendig geworden waren. Die Kostenvoranschläge für diese Renovierung erbrachten einen Kostenaufwand von 3340 Gulden 47 Kreuzer, die zu übernehmen sich die Marktgemeinde außerstande erklärte. Daraufhin wurde die Genehmigung erteilt, das alte Rathaus abzubrechen. Das Landgericht Vilsbiburg hat damals eine uns heute sehr merkwürdig erscheinende Begründung abgegeben mit folgendem Wortlaut:
“Man hat daher und nachdem bei dem Umstande, daß dieses Gebäude die Passage sperrt, und ungeeignet auf dem Platze in Mitte des Marktes, wahrlich nicht zu dessen Verschönerung stehe, dasselbe auch nicht den geringsten und historischen Wert hat, die Gemeinde Velden zur Beschlußfassung über den Abbruch dieses Gebäudes aufgefordert, worauf dieselbe den Abbruch dieses Gebäudes beschlossen hat."
Diese Einstellung zu alten Kulturgütern erscheint uns heute unbegreif1ich und kann nur als Nachwirkung der Säkularisation betrachtet werden, wobei so viele Kulturgüter mit amtlicher Genehmigung sinnlos zerstört wurden.
Im Jahre 1862 wurde daran anschließend das neue, heutige Rathaus mit einem Kostenaufwand von 5047 Gulden 27 Kreuzer erbaut. Der damaligen Bauweise entsprechend wurde es im neugotischen Stile errichtet, wobei nicht zu verkennen ist, daß der Rathausturm in Angleichung an die schöne, spätgotische Pfarrkirche aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts diese spitze Form erhielt. Der Bau des Rathauses in Velden fällt genau in die gleiche Zeit, als in der niederbayerischen Hauptstadt Landshut ebenfalls das Rathaus im neugotischcn Stile erbaut wurde (1860/61) und dem Stile entsprechend ebenfalls einen Treppengiebel mit dem hohen, vorgebauten Turm als Abschluß erhielt.
Als im Jahre 1950 eine Restaurierung des Rathauses in Velden notwendig war, veränderte man die Fassadengliederung, die bisher eine neugotische Höhentendenz darstellte, und war nahe daran, auch den Turm zur Hälfte abzutragen und durch eine sog. welsche Haube zu ersetzen, was sicherlich dem ganzen Gepräge des Marktbildes nicht förderlich gewesen wäre.
Die Bürgermeister
Mit dem Jahre 1806 endete die bisherige Verwaltung des Marktes, die aus dem Kammerer, dem Vizekammerer, dem Marktschreiber, den vier Ratsfreunden und den neun Ausschußmitgliedern bestand. An ihre Stelle traten nach der neuen Magistratsorganisation der Bürgermeister, vier Ratsfreunde und vier Ausschußmitglieder. Von 1807 an standen an der Spitze der Magisrratsverwaltung folgende Bürgermeister:
1807- | ? | Joseph Stierzlhammer, Amtsbürgermeister |
?- | 1818 | Johann Nepomuk Hamberger, Bürgermeister |
1818- | ? | Michael Götschl, Gemeindevorstand |
?- | 1830 | Johann Nepomuk Hamberger, Bürgermeister |
1830- | 1833 | Michael Hutterer |
1833- | 1839 | Joseph Thaller |
1842- | 1848 | Joachim Wacker |
1848- | 1859 | Zacharias Diringer |
1860- | 1860 | Joseph Schweller |
1860- | 1866 | Mathias Orelli |
1867- | 1881 | Mathias Barth, Lebzeltermeister |
1882- | 1887 | Bernhard Krandauer, Glasermeister |
1888- | 1893 | Ludwig Angstl, Konditormeister |
1894- | 1919 | Joseph Schweller, Gold- und Silberschmiedmeister |
1920- | 1933 | Max Waxenberger, Wagnermeister |
1933- | 1937 | Wilhelm Fischer, Eisenwarenkaufmann |
1937- | 1942 | Joseph Maurer, Kaufmann |
1942- | 1942 | Georg Ehrenthaler, Landwirt |
1942- | 1945 | Georg Beckenbauer, Bäckermeister |
1945- | 1948 | Gabriel Fruhmann, Kaufmann |
1948- | 1952 | Georg Schmittner, Getreidehändler |
1952- | 1966 | Joseph Böckl, Kaufmann |
1966- | 1971 | Johann Reiter, Steuerbevollmächtigter |
1971- | Josef Kerscher, 1. Bürgermeister |
Der Marktgemeinderat im Jubeljahr 1973:
1. Bürgermeister: Joseph Kerscher
2. Bürgerme ister: Wilfried Stock, Apotheker
3. Bürgermeister: Hans Steer, Landwirt
Eckl Josef, Geschäftsinhaber
Frank Peter, Bäckermeister
Hingerl Ludwig, Kaufmann
Hofelschweiger Jakob, Maurermeister
Hübl Alfons, Betriebsarbeiter und Eierhändler
Holzmann Martin, Landwirt
Reichvilser Wilhelm, Kaufmann
Reiter Johann, Steuerbevollmächtigtcr
Schaffarczyk Günter, Lehrer
Stenger Erich, Maschinenbaumeister
Strohmeier Johann, Viehkaufmann
Thaler Ernst, Malermeister