Der Bildhauer Georg Brenninger

Beitrag von H. Eckstein

Georg Brenninger erzählt seinen Freunden gerne von seinen Jugendjahren und seinen vielen Besuchen in seinem Geburts- und Heimatort, dem niederbayerischen Marktflecken Velden. Er erzählt von der harten Arbeit, die er als Bauhandwerker im väterlichen Maurermeistergeschäft hat tun müssen, daß er als armer Schüler der Münchner Baugewerbeschulde zu den Veldener Hochzeiten gefahren ist, um bei ihnen als "Bradlgeiger" aufzuspielen und daß er das Geld, das der kränkliche, zur Arbeit meist unfähige Vater für des Sohnes Ausbildung und Aufenthalt in München nicht aufzubringen vermochte, sich verdiente, indem er hin und wieder im Auftrag eines Veldener Bürgers einen Grabstein machte. Auf die Ausführung solcher Bildhauer- und Steinmetzarbeiten verwies in seine Begabung zu bildnerischer Form. Er hatte aber damals - und noch lange Jahre - nicht daran gedacht, Bildhauer zu werden. Selbst als er für die Gautinger protestantische Kirche von Theodor Fischer, dem bedeutenden Architekturlehrer an der Münchner Technischen Hochschule, den Portalschmuck, vier Evangelisten, aus Stein gehauen und damit sein bildhauerisches Talent erwiesen hatte, war er noch nicht dazu entwchieden, Bildhauer zu werden. Er ging vielmehr an die Technische Hochschule, um Architektur zu studieren. Erst Jahre später, 1934, wurde er an der Akademie der bildenden Künste Schüler von Hermann Hahn, der dem Beispiel und der Lehre Adolf Hildebrands folgend den Münchner Bildhauernachwuchs die spezifisch plastischen Werte erkennen und beim Aufbau der menschlichen Figur zum Ausdruck bringen lehrte.

In den ersten Nachkriegsjahren fanden Brenningers kleine, in Bronze gegossene Figuren, in denen er manchmal auch genrehafte Motive aufgriff - etwa in der reizenden "Flickerin" - , allgemein Anerkennung. Die erste oder doch eine der ersten größeren Skulpturen war eine sitzende Frauengestalt in einem den Körper verhüllenden Gewand. Sie legt die Arme müde auf die Knie, hält die Hände offen: Geste der Demut, der Güte, der Ergebenheit in ein Schicksal, das dieser Frau ein arbeitsreiches Leben aufgebürdet hat. Die Figur, heute im Besitz der Münchner Städtischen Galerie, ist das Denkmal, das der Sohn seiner Mutter errichtete, der Veldener Maurermeistersgattin Rosina Brenninger, die ihn am 18. Dezember 1909 geboren hat. Brenninger hat sicher seinerzeit lange mit diesem Thema beschäftigt. Es gibt mehrere Variationen dieser Mutterfigur. In den weichen Formen dieser frühen Arbeit, die das Körperhafte nur zaghaft zur Wirkung bringt, deutet sich an, wohn Brenningers Talent strebte: zu einer das Auf und Ab der Wölbungen und Höhlungen begleichenden blockhaften plastischen Form. Mehr und mehr ist in den folgenden Arbeiten auch deutlich geworden, wie er seine Figuren ind Korrespondenz mit imaginären oder tatsächlich gegebenen Räumen konzipiert und wie damit auch dekorative Wertte stark zur Geltung kommen. Diese Eigenart des Strebens prädistinierte ihn zum Lehrer des Architektennachwuchses, der Brenninger 1947 mit seiner Berufung an die Technische Hochschule in München wurde. Diese Lehrtätigkeit die 1961 mit der Übernahme einer Professur an der Akademie der bildenden Künste endete, gab ihm auch die Chance, seine Neigungen zur Architektur, die ihn auch zum Entwurf mehrerer Bauten führten, in glücklicher Weise mit seinem bildhauerischen Talent zu verbinden.

Brenninger ist der ewigen Aufgabe der Skulptur, den menschlichen Körper zu formen, nie untreu geworden. Wo immer er sie aufgegriffen hat - zuletzt in den Figuren, die er im Auftrag der Freunde des Münchner Nationaltheaters für dessen Giebel schuf, - leben seine Gestalten in dem geistigen Klima einer idellen Humanität klassizistisch-Hildebrandscher Prägung, so sehr sie auch eine rustikalere Sprache sprechen als die Skulpturen des Lehrers Hermann Hahn, wo viel Anregungen anderer Art in ihnen verarbeitet sind. Diese Arbeiten brachten Brenninger weithin Anerkennung. Ankäufe und einen ersten Preis auf der Biennale in Sao Paolo. Ein großer Christ wurde für eine Kirche in Santiago de Chile angekauft, andere Werke von Museen des In- und Auslandes.

Seit den sechziger Jahren, schon Ende der Fünfziger, treten neben die stauarischen Werke bewegtere Formen und abstrakte Kompositionen, in den Brenninger dem Beziehungsspiel von Körper und Raum nachgeht und Anregungen aufgreift, die seiner urwüchsigen Sinnlichkeit, aus der Beobachtung natürlicher Phänomene an Wasserläufen etwa, kamen. Es entstanden aus diesen Erlebnissen die Brunnen vielerlei Gestalt, die auf dem Universitätsplatz in Fulda, in München am neuen Verwaltungsbau der Bayerischen Rückversicherung und am Neubau des Hauses der Bayerischen Obersten Baubehörde an der Prinzregentenstraße aufgestellt wurden. Auch Velden wird eine Brunnenskulptur erhalten. Eine Skulptur für Nancy ist gegenwärtig im Entstehen. Die graziöse Komposition, die er für sein Wasserspiel im Hof des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in München schuf, gab ihm die Idee zu der Bronze für Brasilia, die er "Himmlische Heerscharen" genannt hat. Im Zentrum seines bildnerischen Denkens stehe, sagt Brenninger, die menschliche Figur, ebenso aber auch das Problem, das plastische Gebilde Bau und Stadtraum zu verbinden.

aus: 1200 Jahre Velden, Festschrift von H. Weindl, S. 131-134