Aus der Pfarrgeschichte von Velden

Der Markt Velden feiert in diesem Jahre sein 1200jähriges Bestehen.  [Im Jahre der ersten urkundlichen Erwähnung Veldens 773 läßt sich sicher noch keine Unterscheidung zwischen politischer und kirchlicher Gemeinde feststellen. Die Geschichte des Ortes Velden ist durch Jahrhunderte auch die Geschichte der Pfarrgemeinde Velden. Bis zum Anfang unseres Jahrhunderts bestand eine wechselseitige Abhängigkeit zwischen Gemeinde und Pfarrei. Die Pfarrei wurde vom König vergeben, die Verwaltung von der Gemeinde überprüft. Auf Grund dieser gegenseitigen Verbindung von Pfarrei und Gemeinde liegt es nahe, in der Festschrift zur 1200-Jahrfeier auch die Geschichte der Pfarrei Velden zu würdigen.

In der frühchristlichen Missionszeit kamen christliche Glaubensboten bis in das Vilstal und gründeten ein Mönchskloster oder Münster, in dessen Umgebung die Zellensiedlungen der Mönche erstanden. Der Boden wurde urbar gemacht, der Urwald ausgerodet und das Sumpfgelände trockengelegt. Die Mönche bauten Kirchen, errichteten Pfarreien und predigten dem einheimischen Volke die Lehre Jesu Christi.

Ein solcher Mittelpunkt war die Mönchsniederlassung in Münster bei Velden, von wo aus die Tochterkirchen und Mönchszellen (Georgenzell 864-891, Pauluszell, Garnzell, Hanszell, Felizenzell und Starzell) ins Leben gerufen wurden. Irische Mönche dürften unter dem hl. Rupert von Salzburg um 700 die ersten Besiedler dieser uralten Mönchsnicderlassungen gewesen sein. Ob eine Kirche zu Velden schon vor dieser Zeit bestand, ist nicht sicher, aber man darf annehmen, daß das große Gut Velden schon unter Herzog Tassilo um 773 eine Kapelle besessen hat.

Im Jahre 818 kam Bischof Hitto von Freising in die Gegend von Velden. Er weihte eine Kirche und einen Altar wahrscheinlich in der Nachbarschaft Veldens und legte Reliquien von Heiligen ein. Bei dieser heiligen Feier waren viele Gläubige anwesend und der Besitzer der Kirche, der Laie Ellanmar, übergab dabei am 26. Januar 818 dem Bischof die Kirche und den Besitz hierzu. Ellanmar behielt sich für seine Frau und die Kinder die Nutznießung des Kirchengutes vor.

Das Gut zu Velden, das nach dem Sturz des bayerischen Herzogs die karolingischen Könige innehatten, besaß um 885 Kaiser Karl der Dicke. Damals überließ der Kaiser unter verschiedenen Einkünften auch die Abgaben aus Gütern zu Velden der Kapelle in Otting.

Aus der Zeit um 890 erfahren wir, daß die Kapelle in Velden in der Hand des königlichen Kanzlers und Diakons Aspert lag, der im Herbst 891 den bischöflichen Stuhl von Regensburg bestieg. Diakon Aspert schloß um 890 mit Bischof Embricho von Regensburg einen Vertrag ab und schenkte mit Erlaubnis des Königs Arnulf nach Sankt Peter und Sankt Emmeram in Regensburg die Kirchen von Feldun und zu Pauluszell und die Orte Gebensbach und Obergeiselbach. Kirche und kaiserlicher Besitz zu Velden fielen also ohne Zweifel um 900 an Regensburg. Daher kam es, daß die Bischöfe von Regensburg seit dieser Zeit das Besetzungsrecht bei der Kirche und späteren Pfarrei Velden ausübten.

Die Anfänge der Pfarrorganisation sind nicht bekannt, vor allem weil vom Jahre 900 bis zum Mittelalter nur spärliche Quellen zu finden sind. Um 1450 wurde jedenfalls unsere heutig Pfarrkirche erbaut. Sie ist eine gotische Hallenanlage mit einem hohen Mittelschiff und zwei niedrigeren Seitenschiffen. An die Kirche schließt sich ein etwa 70 Meter hoher Turm an, der vom Boden bis zur Spitze gemauert ist. Wir bewundern heute noch die Leistung damaliger Handwerker und den Gemeinschaftssinn der Veldener, die diesen großartigen Bau herstellen konnten. Mehrere Grabsteine in und an unserer Kirche geben Zeugnis von der Opferbereitschaft der Veldener Bürger, die ihr Vermögen für die Kirche zur Verfügung stellten. Ein Grabstein an der Südseite der Kirche, aus rotem Marmor hergestellt, nennt uns den Stamm der Weitas zu Winkl. Ein anderer Grabstein bewahre das Gedächtnis der Familie Kalbsor. Anno 1459 starb Ulrich Kalbsor. Das Wappen dieser Familie ist noch öfter in der Kirche zu sehen. Diese Bürger gehörten zu den Wohltätern des Gotteshauses zu Velden.

Im 15. und 16. Jahrhundert geben manche Urkunden davon Zeugnis, daß Vcldener Bürger zu Gunsten des Gotteshauses Kaufgeschäfte abschlossen. Die Pfarrei und die Pfarrkirche Velden war zu allen Zeiten auch den Wechselfällen der Geschichte unterworfen. So blieb Velden auch vom Dreißigjährigcn Krieg nicht verschont. Der Markt wurde geplündert und verwüstet. Der Hochaltar und der Liebfrauenaltar der Kirche wurden entweiht und zerstört, die Reliquien geraubt. Noch 1653 waren die beiden Altäre nicht erneuert und geweiht.

Seit dem 16. Jahrhundert wissen wir auch die Namen der Pfarrer, von denen die früheren nicht alle persönlich in Velden tätig waren. Es sind dies:

1590-1620 Andreas Goppelsrieder
1620-1634 Christoph Brexl
1634-1635 Pater Georg Brexl
1635-1663 Paul Gmainholzner Lizentiat der Theologie
1664-1699 Ulrich Haider
1699-1709 Georg Ignaz von Bartel
1710-1742 Johann Ulrich Wolf
1742-1763 Karl Anton Alois, Graf von und zu Freienseiboldsdorf
1763-1779 Johann Bapt. Büeler, Edler von Büel aus Rappenswil
1779-1799 Edler von Hoerl
1799-1811 Ludwig Graf von Berchem
1811-1823 Dionys Hängl
1823-1825 Andreas Karl von Auerbach
1825-1849 Michael Bachmayer
1850-1882 Anton Weigl, Professor
1882-1898 Joseph Greimel
1898-1919 Simon Unterauer
1920-1923 Simon Gill
1923-1929 Johann Baptist Bierl
1929-1938 Franz Forner
1938-1967 Johann Evangelist Maier
seit 1.3.1968 Karl Namberger

Seit der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sind auch die Matrikelbücher der Pfarrei noch vorhanden. Das älteste Taufbuch beginnt mit dem Jahre 1609. Wer die Bücher zu lesen versteht und darübcr nachdenkt, kann die Geschichte vieler Familien aus Velden und der Umgebung finden. Die Eintragungen im Sterbebuch lassen erkennen, wie die Menschen immer wieder heimgesucht waren von Katastrophen und Epidemien. Geburt, Hochzeit und Tod waren die Ereignisse, die aufgeschrieben wurden. Dazwischen spielte sich das Leben ab mit seinen Sorgen, Leiden und Freuden. Im Vertrauen auf die Hilfe Gottes und der Jungfrau Maria haben sich die Christen Veldens zusammengeschlossen in Bruderschaften, von denen es in Velden folgende gab: Sebastiansbruderschaft, Rosenkranzbruderschaft, Allerseelenbruderschaft und Herz-Jesu-Bruderschaft. Die Erstgenannten haben sich um die Altäre versammelt, die ihren Patronen geweiht waren. So haben wir heute noch in der Pfarrkirche einen Sebastiansaltar und einen Rosenkranzaltar.

Der Hochaltar ist dem Patron der Kirche, dem Apostel Petrus geweiht. Die heutigen Altäre sind in den Jahren 1850 bis 1870 in die Pfarrkirdie gekommen. Es sind gute Arbeiten im neugotischen Stil. Die Pfarrei Velden war von jeher sehr ausgedehnt und hatte mehrere Filialen. Sie war eine der größten Pfarreien in der Diözese. Noch Pfarrer Simon Unterauer wurde 1899 beauftragt, die Pfarrei Velden mit ihren zahlreichen Filialen zu übernehmen. Dazu gehörten die Orte und Kirchen: Erlach, Schlegelsreuth, Kleinvelden, Pauluszell, Niklashag, Münster, Gifthai, Georgcnzell, Neufraunhofen, Kreuz, Gebensbach und Jettenstetten sowie Velden.

Luftaufnahme Markt Velden, freigegeben durch die Regierung von Oberbayern; Freigabe-Nr. GS 300/989/1973

Luftaufnahme Markt Velden, freigegeben durch die Regierung von Oberbayern; Freigabe-Nr. GS 300/989/1973


Die Auspfarrung von Georgenzell und Neufraunhofen waren zu dieser Zeit schon geplant. Erst unter Pfarrer Simon Gill 1921-23 erfolgte dann die Teilung der Pfarrei. 1921 erfolgte die Gründung der Pfarrei Pauluszell, 1920 wurde die Kuratie Neufraunhofen-Georgenzell errichtet sowie die Pfarrei Gebensbach.

Der Pfarrhof Velden war viele Jahre im Schloß zu Biedenbach. Langjährige Überlegungen führten dann 1900 zum Kauf des früheren Anton-Weigl-Hauses in Velden, wo sich der Pfarrhof bis heute befindet. 1906 wurde das Anwesen in Biedenbach mit Einwilligung der kirchlichen und staatlichen Behörden an die Familie Preysing verkauft.

Die Aufzeichnungen über die Pfarrer der letzten hundert Jahre berichten noch einige nette Einzelheiten, andenen die Entwicklung in diesem Jahrhundert abzulesen ist. Da sind die Verhandlungen über den Einbau von elektrischer Beleuchtung in die Kirche 1911, die Verlegung des Friedhofes im Jahre 1907, die verschiedenen Renovierungen der Pfarrkirche und der Filialen 1900-1902, 1921 der Einbau der Orgel mit 18 kl. Registern. Die beiden Weltkriege haben zwar den Ort und die Kirche zu Velden nicht zerstört, aber sie haben auch über die Pfarrei Sorgen und Leid gebracht um die vielen Opfer an Gefallenen und Vermißten. Ein Zeichen der Not und Trauer war immer das Verstummen der Kirchenglocken, die für kriegerische Zwecke Verwendung fanden. Das Wort des Propheten “Schmiedet eure Schwerter zu Pflugscharen um"  wurde umgekehrt, indem die Kirchenglocken zu Kanonen umgeschmolzen wurden.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden unter Pfarrer Geistl. Rat Johann Evang. Maier fünf neue Glocken angeschafft, die bis heute die Gläubigen zum Gottesdienste rufen. Durch Pfarrer Maiers Anregung und in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege wurde die Pfarrkirche außen renoviert. Die letzte Innenrenovierung erfolgte 1969. Durch Schürfproben im Gewöl be wurde festgestellt, daß die derzeitige Farbgebung am ehesten der ursprünglichen Fassung aus der Bauzeit entspricht. Die im Jahre 1900 eingebaute zweite Empore wurde entfernt, die Orgel verlegt und umgebaut. 1971 erhielten auch die Altäre ihre ursprüngliche Farbe wieder.  Heute macht die Kirche zu Velden einen hellen und frohen Eindruck.

In diesem geschichtlichen Überblick müssen auch die Veränderungen im kirchlichen Leben erwähnt werden, die sich aus dem II. Vatikanischen Konzil ergeben haben. Die Einführung der Muttersprache im Gottesdienst will die Laien mehr einbeziehen in das Geschehen am Altar. Die größere Mitverantwortung der Gemeinde für das kirchliche Leben zeigt sich in der Gründung eines Pfarrgemeinderats im Herbst 1968. Dieser hat die Aufgabe, zusammen mit dem Pfarrer das kirchliche Leben zu planen und zu fördern.

Da Velden von seiner Lage und Bedeutung her ein Mittelpunkt im oberen Vilsral ist, wurde es im Jahre 1972 zum Hauptort des neuen Pfarrverbandes erklärt. Der Zusammenschluß der Pfarreien Seifricdswörth-Wurmsham, Pauluszell, Neufraunhofen-Georgenzell, Gebensbach -Jettenstetten und Velden zu einem Pfarrverband soll ermöglichen, daß in allen genannten Orten ein kirchliches Eigenleben erhalten bleibt, auch wenn sich der Mangel an Priestern noch verschärfte.  Schon jetzt, zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes, sind vier der genannten Seelsorgestellen ohne eigenen Pfarrer und müssen von den Nachbarpfarrern mitversorgt werden.

Dieser Bericht über die Geschichte der Pfarrei Velden ist sehr lückenhaft. Von früheren Jahrhunderten fehlen weithin die Aufzeichnungen und Quellen, die neuere Geschichte der Pfarrei muß erst noch geschrieben werden. Aus Kirchenrechnungen und Urkunden lassen sich einige Ereignisse aus dem Leben der Pfarrei darstellen. Die Matrikel- und Familienbücher spiegeln den Aufstieg und Niedergang der einzelnen Personen und der Familien wider. Selbst wenn die Geschichte mit allen Einzelheiten geschrieben wäre, so bliebe das nur die Außenseite. Die Gebete, das Vertrauen zu Gott, die Sorgen und Zweifel der Gläubigen in den Jahrhunderten können von keinem Geschichtsschreiber erfaßt werden. Das aber ist das Leben. Mag sich in 1200 Jahren vieles verändert haben, die Anliegen der Menschen sind die gleichen geblieben. Die Gemeinschaft der Christen hat zu allen Zeiten versucht, aus dem Glauben an Gott Kraft und Mut zum Leben zu schöpfen. Die eigenen Sorgen zurück stellend, haben nsere Vorfahren Kirchen und Kapellen geschaffen zur Ehre Gottes und zum Zeugnis ihres Glaubens für die Nachwelt. Dieses Erbe ist uns an vertraut. Die 1200 Jahrfeier stärke in uns das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit und die Verpflichtung auf die Werte der Geschichte.