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Nächster Halt: Ruhestand

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Nach mehr als 50 Jahren in ihrer Backstube verabschiedet sich am 31. Juli eine Veldener Institution: Rosi Sproß geht in den Ruhestand und schließt damit die Bäckerei Abholzer, die sie jahrzehntelang mit ihrem Mann Bernard betrieben hat.

Die letzten Fahrten des Sonderzugs Abholzer sind außerplanmäßig: Statt wie in den vergangenen 25 Jahren nur zur Adventszeit tritt die Modelleisenbahn nun Ende Juli die gewohnte Rundstrecke im Verkaufsraum der Bäckerei an: Vorbei an dem Kühl-Abteil, vorbei an den Regalen mit diversen Lebensmitteln für den täglichen Gebrauch bis hin zur Theke, an der Rosi Sproß seit Jahrzehnten ihre selbstgemachten Backwaren anbietet. „Ich bin so etwas wie die Lokführerin hier“, erklärt die 68-Jährige. Die Eisenbahn innerhalb ihres Ladens sei „eine Spinnerei“ ihres Mannes Bernard gewesen, mit dem sie zusammen in der Backstube Brote, Semmeln oder Süßgebäck herstellt.

Damit ist zum 31. Juli allerdings Schluss. Rosi Sproß geht altersbedingt in den Ruhestand, weshalb sowohl die Bäckerei in der Schäfflerstraße als auch die Filiale in der Fliederstraße schließen. „Bis Ostern habe ich das Wort Aufhören gar nicht hören können. Ich habe das immer verdrängt. Mittlerweile habe ich mich damit aber angefreundet und freue mich auf die Zeit, die kommt“, so Sproß.

„Die kleinen Bäckereien haben es schwer“

Selbst in den letzten Wochen in ihrer Bäckerei arbeitet sie täglich 12 bis 14 Stunden, um den Wünschen ihrer Kunden gerecht zu werden. Denn die kommen nach wie vor zahlreich – und werden herzlich von Rosi empfangen. „Ich bin mit den meisten von ihnen aufgewachsen. Die Beziehung ist da oft fast schon so wie in einer Familie.

Sproß war schon sehr früh in den elterlichen Betrieb eingespannt. Bereits ihre Großmutter betrieb ein Lebensmittelgeschäft, die Eltern begannen 1951 schließlich mit der Bäckerei. Nach deren Tod übernahm Rosi Sproß die Bäckerei 1986. „Aufgeben war da keine Option. Zumal ich geliebt habe, was ich tat und es immer noch liebe.“ Bereits 1972 hatte die Familie in der Fliederstraße sogar eine zweite Filiale eröffnet.

Die Konkurrenz zu den Großbäckern sei im Laufe der Jahre allerdings immer größer geworden. „Heutzutage wird eine sehr hohe Vielfalt verlangt, da nehmen viele Kunden sogar Qualitätseinbußen in Kauf“, erklärt Bernard Sproß, der seit rund 25 Jahren mit Rosi verheiratet ist. „Discounter oder der eine oder andere Großbäcker greifen mittlerweile auch auf Tiefkühlware zurück und tun sich deshalb viel leichter. Die kleinen Bäckereien mit einem handwerklichen Qualitätsanspruch haben es dagegen schwer.“ Rosi Sproß erklärt, dass viele der Rezepte und die Machart von ihren Eltern an sie weitergegeben worden sind. „Zudem legen wir wert darauf, ausschließlich mit guten Zutaten zu arbeiten.“

Dennoch bemerkt sie, dass vor allem die jüngere Generation diese Qualität offenbar weniger zu schätzen wisse. Das liege auch daran, dass die Bäckerei am Samstag nur bis zwölf und am Sonntag gar nicht geöffnet hat. „Längere Öffnungszeiten wären für uns aber auch gar nicht möglich gewesen, irgendwann müssen wir ja auch leben“, so Rosi Sproß. Aus demselben Grund – endlich einmal zu leben – entschied sie Anfang des Jahres schweren Herzens, sich in den Ruhestand zu verabschieden.

Wie bei einem Zug habe die jahrelange harte Arbeit auch bei ihr Spuren hinterlassen, erklärt sie. „Bevor irgendein Abgrund wie gesundheitliche Probleme kommt und wir schließen müssen, haben wir das Privileg, nun aus eigenen Stücken schließen zu dürfen. Ich habe jetzt genug gearbeitet, kann die Sache etwas ruhiger angehen und auch mal die Sonne sehen.“

Wie es mit der Filiale in der Fliederstraße nach der Schließung weitergeht, sei noch nicht klar. „Wir haben bisher vergeblich versucht, dass wir dafür einen Nachfolger finden“, so Bernard Sproß. „Das liegt auch daran, dass es für Geschäfte in dieser Größenordnung sehr schwierig geworden ist.“ Ihren Sohn Alexander haben die beiden auch deshalb gar nicht mehr an eine mögliche Übernahme herangeführt. Ganz ohne beruflichen Einfluss blieb das elterliche Unternehmen allerdings offenbar nicht. Statt mit der Modelleisenbahn innerhalb der Bäckerei dreht er seine Runden nun als Lokführer in den großen Zügen bei der Deutschen Bahn.

Der Ruhestand von Rosi Sproß bedeutet für die Veldener Bevölkerung weit mehr als das Ende einer Bäckerei. In den Gesprächen mit den Ortsansässigen wird schnell deutlich, dass sie eine Marke ist, die mit ihrer offenen und freundlichen Persönlichkeit immer ein offenes Ohr hat.

Auch dem aus Velden stammenden Rüdiger Lentz, der früher als DW-Redakteur in Washington tätig war, ist die Bäckerei vor allem wegen der Besitzerin in bester Erinnerung geblieben. „Wenn das Brot aus der Bäckerei von Rosi und ihrem Mann den Kunden mit der ihr eigenen Liebenswürdigkeit verkauft wurde, dann war damit immer auch immer ein großes Stück Menschlichkeit und Lebenskultur verbunden“, so Lentz.

Wie so viele Veldener hebt auch er die Freundlichkeit und Großzügigkeit von Rosi Sproß hervor: „Ich habe den Laden nie ohne ein kleines Geschenk verlassen können.“ Nicht zuletzt deshalb herrscht ob der bevorstehenden Schließung der Bäckerei derzeit viel Wehmut vor. Klar ist: „Wir werden Rosi in ihrer Bäckerei schmerzlich vermissen.“

Quelle: Vilsbiburger Zeitung - Lokalteil Velden vom 24. Juli 2021

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