Reiche Historie eines Schlosses und Pfarrhofs
von Arnold
Lücken in der Veldener Ortsgeschichte schließen zu können, ist das Ziel des von „Erzähl doch mal, wie’s früher war“. Beim fünften Erzählabend am Dienstag, an dem unter anderem Albert von Preysing und Mitglieder der verwandten gräflichen Familie von Soden-Fraunhofen teilnahmen, ist dies überraschend gelungen.
Mit der langen Geschichte des Schlosses Biedenbach, das bis zum 19. Jahrhundert als Pfarrhof der Pfarrei Velden genutzt wurde, hat sich Pfarrer und Heimatforscher Gabriel Kreuzer über viele Jahre hinweg intensiv beschäftigt. Aus seinen Unterlagen geht hervor, „dass Biedenbach Sitz einer Hofmark der Landshuter Familie Reykher war. 1397 ist ein „Kaspar Reiker zu Pedenbach“ nachgewiesen. In einer (weiteren) Urkunde wird gesagt, dass im Jahre 1481 ein Ulrich Reikher von Herzog Georg den halben Sitz zu Pidenbach erhalten hat. Im 16. Jahrhundert saßen die Auer von Winkel und später eine Linie Vieregg auf dem Gut. Später gelangte das Schloss in die Familie der Grafen zu Freyen Seyboltstorff. Für Georg Carl Anton Alois Adam zu Freyen Seyboltstorff, den nachgeborenen Sohn von Johann Franz Ignaz zu Freyen-Seyboldsdorf und Maria Anna Violanta Gräfin von Seyboldsdorf, geborene Freifrau von Lerchenfeld-Aham (geboren 1681, vermählt 1702, gestorben 1756), der als Pfarrer in Velden wirkte, wurde das Schloss um 1720 neu erbaut. Georg Carl Anton erhielt im Jahr 1742 die Pfarrei Velden und wurde am 25. Oktober 1758 zum Dekan des Rural-Dekanats Dorfen ernannt. Er starb am 9. November 1762 als Pfarrer von Velden auf Schloss Biedenbach, das er als Pfarrhof nutzte. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war Biedenbach Pfarrhof von Velden. Nach einer mündlichen Überlieferung zog der damalige Veldener Pfarrer Simon Unterauer im Jahr 1900 von Biedenbach nach Velden ins sogenannte Anton Weigl-Haus am Vogteiplatz 16; das Gesinde blieb in Biedenbach. 1906 fand sich unerwartet ein Käufer für das gesamte Pfarrwiddum. Mit Einwilligung der kirchlichen und staatlichen Behörden ging das Anwesen am 24. November 1906 in den Besitz von Johann Richard Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos über. Der Besitz umfasste zu dieser Zeit 34 Hektar und 395 Dezimal. Der Kaufpreis betrug 61 500 Mark. Johann Richard starb am 3. Dezember 1918; der Besitz ging 1919 auf seinen Bruder Johann Wolfram über, der schon 1909 den „Sternhof“ übernommen hatte. Johann Wolfram bemühte sich sehr um seine neue Heimat. Stall- und Stallungen mussten neu gebaut oder instandgehalten werden. Die Parkanlage um das „alte Pfarrhaus“ war sehr vernachlässigt und musste neugestaltet werden. Das Wohnhaus wurde renoviert und so eingerichtet, dass es dem damaligen Wohnbedarf entsprach.
Kapelle mit Gemälde
Bei der Kapelle handelt es sich um einen rechteckigen Raum mit einer etwa drei Meter hohen Flachdecke. In der Kapelle finden etwa 30 Leute Platz. Bei der Renovierung wurden beim Reinigen der Wände schöne und gut erhaltene Rötelstiftzeichnungen entdeckt, die sehr wahrscheinlich aus der Barockzeit um 1740 stammen. Sie wurden vom Restaurator Gotthard Bauer aus München-Solln freigelegt. Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Deckengemälde „Immaculata“ (unbefleckte Empfängnis) wurde ebenfalls 1962 restauriert. In der Kapelle befindet sich eine Gedenkzeichnung für Johann Konrad Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos, den Onkel von Johann Richard und Bischof von Eichstätt und ersten Kardinal in Berlin. Zu seiner Primiz wurde Konrad ein Kelch aus dem Jahre 1766 aus dem Familienbesitz geschenkt, der als Nachlass zusammen mit anderen kirchlichen und religiösen Gegenständen seinem jüngeren Bruder Wolfram für die Hauskapelle in Biedenbach bestimmt wurde. Ein weiterer Primizkelch aus dem Neubarock stammt von Johann Albert Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos, der Stiftspropst in Landshut war. Oberhalb der Eingangstür zur Kapelle sind die Allianzwappen von Graf Wolfram (1922) und Graf Richard (1957) zu sehen. Für Johannes Richard Graf von Preysing-Lichtenegg-Moos war die Hauskapelle das Kernstück des Schlosses. 1961/62 ließ er sie gänzlich renovieren.
In den Gängen, Zimmern und Räumen sind die barocken Lisenen bis heute gut erhalten. Auch die alten großen Kachelöfen, die von den Gängen aus beheizt werden, sind erhalten geblieben. Im oberen großen Gang des Schlosses hängen zwei Bilder des Ehepaars Johann Franz und Maria Anna Violanta Graf und Gräfin von und zu Freyen-Seyboldsdorf. Der Eingangserker zum Schloss entstand in den 1920er Jahren. Im Jahr 1960 übergab Johann Wolfram sein ganzes Anwesen – Schloss und Hof – seinem Sohn Johann Richard und dessen Frau Anna Margarethe. Anfang der 1960er Jahre wurde auch das morsch gewordene Türmchen abgebrochen und ein größeres, mit Kupferblech beschlagenes Türmchen als Zeichen eines Schlosses aufgesetzt. Auch die alte Uhr von 1907 wurde erneuert und die Einfriedungsmauern zum Schloss errichtet.
Anwesen mit Bedeutung
1986 übernahm Johann Maximilian, erstgeborener Sohn von Johann Richard und Anna Margarethe die Verwaltung von Biedenbach und den Besitz von Kronwinkl. Sein von Geburt an im Schloss Biedenbach lebender Bruder Albert von Preysing trägt mit gräflicher Würde die Last der jüngeren Geschichte(n), die mit seinem Zuhause verbunden sind. Für den passionierten Rosenzüchter ist es unvorstellbar, irgendwo anders zu leben als im Schloss. Auch wenn sich mit der alten und zum Teil defekten Kachelofenheizung kaum Raumtemperaturen über 20 Grad erreichen lassen und der Blick aus dem Schlafzimmer oder der Kapelle auf das benachbarte Grundstück ein schmerzlicher ist, sind dies für Albert und seine Frau Astrid von Preysing keine Gründe, Schloss Biedenbach zu verlassen. Man weiß um die Bedeutung des Anwesens für die Eltern und Großeltern, die nicht müde wurden, sich um das Schloss zu bemühen. Das Einzeldenkmal mit seiner parkähnlichen Gartenanlage zu erhalten, ist und bleibt auf Jahre hin eine Herkulesaufgabe. So bleibt am Ende des Erzählabends die Hoffnung, dass Albert und Astrid von Preysing bei der Bewältigung ihrer Aufgaben Unterstützung erfahren - durchaus im Interesse aller Veldener.
Quelle: Vilsbiburger Zeitung - Lokalteil Velden vom 26.11.2019